Jahresbericht 2004

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KINDERTAGESSTÄTTE "SCHAWORALLE"


Schaworalle ist eine besondere Kindertagesstätte. Der Name „Schaworalle“ kommt aus dem Romanes und bedeutet „Hallo Kinder“. Der Name ist Programm. Als bundesweit einmaliges Modellprojekt werden hier ausschließlich Kinder aus rumänischen Romafamilien betreut.

 „Schaworalle“ besteht in dieser Form seit Mitte 1999, konsolidiert, erweitert und verändert sich Jahr für Jahr. Seit dem Frühjahr 2002 ist Schaworalle in der Frankfurter Innenstadt angesiedelt.

Kindergarten, Schulprogramm, Mittagessen, Hausaufgabenhilfe und ein abwechslungsreiches Freizeitprogramm am Nachmittag sind die Eckpfeiler der pädagogischen Arbeit. Die Familienberatung, die Jugendhilfe, sozialpädagogische Kleingruppenarbeit und ein EU-Beschäftigungsprojekt für Jugendliche und junge Erwachsene sind weitere Angebote des Fördervereins Roma.

Die Konzeption von „Schaworalle“ ist nicht theoretisch entstanden, sondern entwickelte sich aus der dreijährigen Erfahrung des Projektes „Schaworalle“, das, finanziert durch das Jugendamt der Stadt Frankfurt, den Auftrag hatte, sich insbesondere der längst schulpflichtigen rumänischen Romakinder anzunehmen, die als „Straßenkinder“ durch Bettelei, Diebstähle, Prostitution und Nachbarschaftskonflikte aufgefallen sind.

Zu einem Zentrum der Arbeit hat sich in den vergangenen Jahren, orientiert an der Notwendigkeit, aber auch dem Wunsch der Kinder, zu lernen der Bereich „kleine Schule“ entwickelt, der Unterricht in „Schaworalle“.

„Schaworalle“ ist auch „Schutzraum“, achtet die Regeln und Gesetze der Roma und versucht zwischen den Welten der  Mehrheit und der diskriminierten Minderheit durch den Aufbau von Vertrauen zu vermitteln. Intensive Beziehungsarbeit und ein am Gemeinwesen der Roma orientiertes pädagogisches Denken sind zentrales Moment der täglichen Arbeit. Ein  Schwerpunkt ist uns daher die Arbeit mit den Kindergartenkindern und der Aufbau einer stabilen Beziehung zu den Müttern.


Hintergründe

Viele, längst schulpflichtige rumänische Romakinder besuchen die Regelschule sporadisch oder gar nicht. Die Diskrepanz zwischen der Lernbereitschaft und Motivation der Kinder im Zusammenhang von „Schaworalle“ und der Tatsache, dass sie, obwohl zum Teil schon sehr lange in Deutschland, der Schulpflicht kaum Beachtung schenken, zeigt, dass der herkömmliche Regelschulbetrieb ein Bereich ist, in dem sie ihre Erfahrungswelt, ihre Geschichte und Sprache nicht wiederfinden.

Der alarmierend hohe Teil von Romajugendlichen ohne Schulabschluss weist gleichzeitig auf die geringe Chance einer qualifizierten beruflichen Perspektive hin. Der Teufelskreis von gesellschaftlicher Ausgrenzung, sozialer Randständigkeit und Verelendung schließt sich.
Schule und Ausbildung werden so zu einem Moment der Diskriminierung.

Die Erfahrung vieler Romafamilien aus Rumänien ist die Erfahrung des Lebens in Unsicherheit, der ständigen Sorge um den Lebensunterhalt der Familie, der Sorge um die gesundheitliche Lage der Familienmitglieder, der Sorge um Aufenthalt und Wohnung.

Der Lebensunterhalt wird oft „auf der Straße“ verdient, mit Betteln, dem Verkauf von Obdachlosenzeitungen, kleinen Diebstählen, dem halblegalen Handel, etc. Schon sehr früh tragen die Kinder mit dazu bei. Die Lebenserfahrung der Eltern und Großeltern (viele waren selbst nicht in der Schule) hat sie gelehrt, dass auf die Institutionen der Nicht-Roma  („Gadsche“)  kein Verlass ist, und dass die entscheidenden Erfahrungen für das Erwachsenenleben in der Familie und auf der Straße gemacht werden. Die katastrophale ausländerrechtliche Situation, in der sich viele Familien seit Jahren befinden, verschärft das Misstrauen.

Ebenso groß ist die Sorge der Eltern, dass der Besuch der Schule „ohne Rücksicht auf unsere Zweisprachigkeit, auf unsere Erziehung zu Unabhängigkeit, und auf ein Leben in Herrschaftslosigkeit unsere Kinder von den Familien entfremdet.“ ( Melanie Spitta, aus FR vom  15.04.2000 ).

Schaworalle versucht, an dieser Schnittstelle anzusetzen. Die meisten Eltern wünschen sehr wohl für ihre Kinder, dass sie Rechnen, Schreiben und Lesen lernen, finden sich und ihre Lebensorganisation aber in den Institutionen der „Gadsche“ nicht wieder und stehen diesen misstrauisch gegenüber. Oft obliegt es den Kindern selbst, in die Schule zu gehen oder nicht; es gibt auch Kinder, die den Schulbesuch gegen den Willen der Eltern durchsetzen. Vielen Kindern fehlen im Einschulalter die „Voraussetzungen“ für den Schulbesuch. Sie sind in ihrer Muttersprache Romanes sozialisiert worden, sprechen die Sprache der Mehrheitsgesellschaft wenig oder nicht und haben mit den spielerischen Tätigkeiten, die andere Kinder im  Kindergarten- und Vorschulbereich lernen, wenig zu tun gehabt. 

Immer wieder wird die gleiche Frage gestellt: Warum brauchen wir für diese Kinder eine eigene Tagesstätte? Ist nicht das Ziel jeder Bildungsmaßnahme die Integration der Romakinder in die bestehenden Einrichtungen der Stadt?

Die Erfolge der letzten Jahre, die Motivation und das Vertrauen der von uns betreuten Kinder und Familien zeigen, dass in der Konzeption von Schaworalle und der hier begonnenen Arbeit ein richtiger Ansatz liegt, auch wenn dieser Ansatz bei weitem nicht der einzig mögliche ist. Denn gerade wenn die bewusste und gewollte Integration der Roma unter Wahrung der kulturellen Identität das Ziel ist, bedarf es zunächst der Emanzipation, der Findung der eigenen Rolle innerhalb der Mehrheitsgesellschaft. Die Tatsache, dass ausschließlich Romakinder betreut werden, vermittelt Sicherheit, gibt den Kindern die Möglichkeit, Erfahrungen und Erlebnisse zu artikulieren und zu reflektieren, die ihrem Leben eigen sind. So ist die Muttersprache Romanes, die Betreuung in Romanes, aber auch das Klären von Konflikten und Problemen in der Muttersprache ein unerlässlicher Baustein; zum einen, weil viele Kinder die deutsche Sprache nur schlecht beherrschen, zum anderen, weil Sprache Teil kultureller Identität ist.

Schutz der Kinder und Jugendlichen, Prävention und die Identität der gesellschaftlichen Minderheit, die Aufklärung und Information nach außen spielen dabei eine ebenso entscheidende Rolle wie die gemeinsame Suche nach einer Perspektive, die konkrete individuelle Hilfestellung und die Beratung der Familien.


Finanzierung, Ausstattung  und Personal

Die Kindertagesstätte „Schaworalle“ ist  eine für 50 Kinder im Alter von 3 – 16 Jahren vorgesehene Einrichtung des Fördervereins Roma, die regulär über das Schulamt der Stadt Frankfurt, das Jugendamt Frankfurt und das Landesjugendamt finanziert wird. In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation der von uns betreuten Familien zahlen die Eltern allerdings keinen Beitrag und auch kein Essensentgelt. Diese Beträge werden vom Frankfurter Jugend- und Sozialamt übernommen.

Die Räumlichkeiten der Kindertagesstätte erstrecken sich über zwei Etagen.

Im Erdgeschoss befindet sich der Kindergartenbereich, ein Musikraum, die Holzwerkstatt, das Leiterinnenbüro, sowie ein kleiner Aufenthaltsraum mit Durchgang zum Hof, die Küche und der Bewegungsraum, in dem auch gegessen wird.

Im ersten Stock sind neben dem Personalraum drei Klassenräume sowie der Computerraum, ein Raum mit einem Billardtisch und ein kleiner Raum für Fußballkicker und Einzelförderung untergebracht.

Es gibt ein zwar kleines, aber schön gestaltetes  Außengelände.

Der Standort in der Innenstadt ist optimal erreichbar für viele Kinder und Familien.
Einige Kinder können zu Fuß kommen, die Möglichkeit für Aktivitäten außerhalb der Einrichtung z.B. Museumsbesuche sind wesentlich günstiger. Allerdings bedingt die Nähe zur Zeil auch eine höhere Fluktuation und viel Besuch.

Die Geschäfts- und Beratungsstelle des Trägers befindet sich in der gleichen Straße direkt gegenüber.


Das Team

Das Personal der Kita  besteht aus Roma und Nicht-Roma.

Zurzeit arbeiten bei „Schaworalle“ 7 Personen mit unterschiedlicher Stundenzahl im pädagogischen Personal der Kindertagesstätte:

Leitung: 1/1 Stelle, Diplompädagogin, Nicht-Roma

Kindergarten: 2 ErzieherInnenstellen verteilt auf 3 Personen, eine davon eine Romni  

Hort / Unterricht / Freizeit: eine Sozialpädagogenstelle  (2/3), insbesondere für das Werkstattangebot am Nachmittag, 1/2 Erzieherinnenstelle, eine pädagogische Mitarbeiterin auf  70 %  (Romni) .

Zudem unterstützt uns einmal pro Woche eine pensionierte Lehrerin im Bereich Basteln / Handarbeiten.

Der  Personalstand hat sich spürbar reduziert.

Bis zum Sommer 2004 war noch ein Jahrespraktikant der Fachhochschule für Sozialpädagogik in Schaworalle tätig. Im Herbst ist zudem eine ABM-Stelle ausgelaufen. Außerdem hat uns unser muttersprachlicher Lehrer im Mai 2004 verlassen, da er täglich aus Köln anreisen musste.

Wir hoffen, den derzeit vakanten und von den Kindern schmerzlich vermissten Computerbereich in diesem Jahr mit Unterstützung der „Aktion Mensch“  für ein neues, den Schulbetrieb ergänzendes Projekt im Bereich Sprach- und  Einzelförderung wieder eröffnen zu können und die Stelle des muttersprachlichen Lehrers zum Sommer wieder zu besetzen.

Im Schulbereich von  „Schaworalle“ arbeiten zwei Lehrer mit voller Stundenzahl, eine Grundschullehrer und ein Hauptschullehrer (siehe „die kleine Schule“). Die Stelle im Grundschulbereich, die lange Zeit unbesetzt war,  konnte im Frühjahr 2004 endlich wieder besetzt werden. Wertvolle Unterstützung kommt zurzeit von zwei SonderschullehrerInnen der Friedrich-Stoltze-Schule, die mit jeweils vier Schulstunden pro Woche einzelne Kinder in der Unterrichtszeit sonderpädagogisch fördern. Diesen Bereich hoffen wir, in 2005 noch auszubauen.

Hauswirtschaft: Sowohl in der Küche als auch im Bereich Reinigung sind Romafrauen aus Rumänien tätig.

„Schaworalle“ beschäftigt einen Zivildienstleistenden, insbesondere für den Fahrdienst des Kindergartens sowie die wöchentlichen Großeinkäufe und für kleine hausmeisterliche Tätigkeiten. Auch diese Stelle ist derzeit nicht besetzt. Da der Fahrdienst für den Kindergarten in diesem Jahr eingestellt wird, werden wir wohl auch auf die Wiederbesetzung der Stelle verzichten.


„Schaworalle“ als Beschäftigungsinitiative / Brückenbildung

Wie der Personalstand zeigt, arbeiten bei „Schaworalle“ gleichberechtigt Roma und Nicht-Roma. Dies war uns seit Beginn des Projektes äußerst wichtig, zum einen, weil die Anwesenheit von Betreuungspersonal des eigenen Kulturkreises Vertrauen schafft und  Zugang zu Lebensrealitäten ermöglicht, die den „Gadsche“ nicht bekannt sind, zum anderen aber auch, um Roma dort Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten, wo die Zusammenarbeit mit ihnen auch entsprechend gewürdigt wird. Es ist uns wichtig, hier Arbeitsplätze zu schaffen, die sicher und so gut wie möglich bezahlt sind. So arbeiten bei „Schaworalle“ vier Roma unterschiedlicher Nationalitäten in unterschiedlichen Bereichen. Der Hauswirtschaftsbereich (Putzen und Kochen) wird von Romafrauen aus Rumänien betreut.

Im Kindergarten arbeitet seit mittlerweile sechs Jahren eine Romni aus Mazedonien Als pädagogische Hilfskraft im Grundschul- und Freizeitbereich ist seit vier Jahren eine junge rumänische Romni  tätig Sie verfügen beide über keine formale pädagogische Ausbildung. Die junge rumänische Romni, die als Kind selbst nie eine Schule besucht hat, arbeitet  neben ihrer pädagogischen Tätigkeit in „Schaworalle“  weiter an ihrer eigenen Fortbildung. Wir hoffen, dass sie es schaffen wird, in diesem Sommer ihren Hauptschulabschluss zu machen. Diese Mitarbeiterin, die für viele Mädchen ein großes Vorbild ist, verfügt über eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, die es ihr ermöglicht, diese Stelle zu besetzen.

Die Stelle für den Muttersprachlichen Unterricht war bis Mai 2004 von einem Romamitarbeiter besetzt werden, der über ein Hochschulstudium im Bereich Theater verfügt, die einzige Radiosendung für Roma in Deutschland macht und sich intensiv mit Sprache und Geschichte der Roma auseinandersetzt. Leider hat er die Stelle aufgegeben, da er dreimal wöchentlich aus Köln zur Arbeit angereist kam. Im Sommer soll die Stelle von einem polnischen Rom besetzt werden, der zurzeit noch als muttersprachlicher Mitarbeiter im EU-Beschäftigungsprojekt für Jugendliche und junge Erwachsene tätig ist.


Tagesablauf / Gruppenstruktur

Zur Dynamik von „Schaworalle“ gehört ein flexibler, niedrigschwelliger, am Gemeinwesen der Roma orientierter Ansatz.

Die Stammgruppe von Schaworalle umfasst ca. 95 Kinder, die fest angemeldet sind.   

Die Regelmäßigkeit, ein Grundproblem der Kinder angesichts der Lebensorganisation der vieler Familien, ist bei der Stammgruppe hoch. Täglich besuchen 40 bis 70 Kinder die Einrichtung. Die meisten  Kinder kommen an  3- 4 Tagen in der Woche und / oder melden sich bei wichtigen Terminen oder Familienereignissen ab. Dazu kommen auch immer wieder Besucherkinder oder die Kinder von Familien, die regelmäßig für einige Wochen oder Monate in der Stadt sind.

„Schaworalle“ ist montags bis freitags von 9.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.

Am Vormittag von 9.00 bis 13.00 Uhr findet der Betrieb in vier Gruppen  statt:

Es gibt die  Kindergartengruppe (28 anmeldete Kinder, 12 - 25  täglich anwesend) sowie drei Schulgruppen, die Grundstufe (27 angemeldete Schüler, 12 – 25 täglich anwesend), die Mittelstufe (18 angemeldete Schüler, 10 – 15 täglich anwesend) und die Hauptstufe (18 angemeldete Schüler, 6 – 12 täglich anwesend).

„Schaworalle“ öffnet um 9.00 Uhr. Dennoch schaffen es nur wenig Kinder, ob mit oder ohne Eltern, entsprechend „früh“ aufzustehen. So gibt es bei den Schulkindern ein Belohnungssystem: Wer zwischen 9.00 und 9.30 kommt, wird mit einem Sternchen belohnt. Ab fünf Sternchen gibt es ein kleines schulbezogenes Geschenk, z.B. einen Wecker.  Die Arbeit in den Gruppen beginnt um 9.30 Uhr und endet um 13.00 Uhr.

Gleich nach dem Unterricht um 13.00 Uhr gibt es Mittagessen. Das Mittagessen wird von einer  Romni gekocht und orientiert sich einerseits an traditionellen Gerichten der Roma, andererseits natürlich am klassischen Kindergeschmack. Es ist uns sehr wichtig, die oft schlecht oder falsch ernährten Kinder so gesund wie möglich zu versorgen!

Gegessen wird in zwei Gruppen. Die Kindergartenkinder essen im Kindergarten und für die  Schulkinder werden im Bewegungsraum Tische und Bänke aufgebaut.

Das Nachmittagsangebot ab 13.30 ist altersgemischt und angebotsorientiert. „Die Kinder von der Straße zu holen“ bedeutet  nicht nur, ihnen Zugang zu Bildung zu ermöglichen, sondern ihnen auch die Möglichkeit zu geben, jenseits aller materiellen Sorgen „Kind zu sein“, d.h. wie alle anderen Kinder auch zu spielen und zu toben, Zugang zu kreativen und sportlichen Angeboten zu haben, Ausflüge zu machen etc.


Der Kindergarten

Der Aufbau einer stabilen und regelmäßigen Kindergartengruppe gehört zu unseren zentralen Anliegen. Hier musste Pionierarbeit geleistet werden. Im Gegensatz zum Schulbereich, dessen Anliegen den meisten Eltern trotz aller Widersprüche wichtig ist, gilt es bei den Roma als durchaus verpönt, dass kleine Kinder von Personen außerhalb der Familie betreut werden. So waren  die ersten Kindergartenkinder Geschwister, die „mitgebracht“ wurden und denen es dann so gut im Kindergarten gefiel, dass sie Eltern und Geschwister immer wieder damit genervt haben, dass sie wiederkommen wollten. Andere Eltern bekamen vom Sozialamt  die Auflage, ihre Kinder in einem Kindergarten anzumelden oder wurden von betreuenden Personen  gebracht.

Verständlicherweise war und ist es dann oft nötig, dass die Mütter zunächst einige Zeit mit in der Kindergartengruppe verbringen, um zu sehen, wie es ihren Kleinen dort geht, was mit ihnen gemacht wird etc. Glücklicherweise konnten wir für diese Arbeit kompetente und erfahrene ErzieherInnen gewinnen, die, in Kooperation mit einer Roma-Mitarbeiterin nun seit Jahren die entscheidende Elternarbeit leisten und das Vertrauen der Familien gewinnen.

Einige der Kindergartenkinder werden von einer Erzieherin und dem Zivildienstleistenden mit einem Kleinbus von zuhause abgeholt und auch wieder zurückgebracht. Dieser Fahrdienst war bislang von wesentlicher Bedeutung für die Stabilität der Kindergartengruppe. Da mittlerweile jedoch viele Mütter ihre Kinder selbst bringen und holen und unser Kleinbus langsam alt wird, wird der Fahrdienst in diesem Jahr eingestellt werden. Im Kindergarten sind derzeit 28 Kinder angemeldet und die Gruppe ist am Rande ihrer Kapazitäten angelangt.

Inhaltlich beschäftigen sich die Kinder mit all dem, was eben zu einem Kindergarten gehört. Bis ca.10.30 Uhr, bis alle Buskinder angekommen sind, gibt es Freispiel, d.h. es wird in der Puppenecke gespielt, mit Bauklötzen gebaut, gemalt, gepuzzelt,  auf dem Hof Roller und Dreirad gefahren oder im Sand gebuddelt. Wenn alle Kinder da sind, wird gefrühstückt und nach dem Frühstück findet  Gruppenarbeit in Form von Malen, ersten Brettspielen, Basteln oder Vorschulübungen statt.

Bei den Kindergartenkindern ist es uns wichtig, dass sie die Möglichkeit bekommen, all das zu lernen, was die größeren Kinder in ihrer Kleinkindzeit verpasst haben: Unbeschwert spielen, Farben,  Jahreszeiten, Malen, Schneiden, Puzzeln, Kleben, Turnen ... lernen. Hierzu gehört auch das Lernen und Einhalten von Gruppenregeln, die Erfahrung von angeleitetem Spiel, Sprachförderung, Ausflüge etc.

Auch im Kindergarten gibt es besondere Angebote: Holzwerkstatt, Basteln und Handarbeiten, Spielen und Malen am Computer sowie Singen und Sport finden einmal pro Woche speziell für die Kindergartenkinder statt.

Während am Vormittag die Gruppen klar getrennt sind, haben die Kindergartenkinder am Nachmittag die Möglichkeit, auch an anderen Angeboten im Haus teilzunehmen.

Von den sechs Kindergartenkindern, die in 2004 den Übergang zur Grundschule gemacht haben, mussten zwei Kinder mit ihren Familien das Land verlassen, drei Kinder besuchen die Grundschulgruppe in Schaworalle und ein Mädchen die Regelschule.


 Die Hortgruppe

„Die kleine Schule“ und ihre Lehrer 

Schaworalle ist auch Schule, die Kinder nennen es die „kleine Schule“.

Die „kleine Schule“ will Zwischenstation oder Alternative zur „großen Schule“ (Regelschule) sein, zuständig für all die Kinder, die aufgrund von Überalterung oder kultureller Konflikte, mangelnder Sprachkenntnis, drohender Ausweisung, häufigem Wohnungswechsel oder einfach aufgrund des Misstrauens der Roma vor der Institution Schule, diese nicht oder nicht mehr besuchen. Es ist uns wichtig den natürlich schulpflichtigen Kindern einen Zugang zu Bildung ermöglichen, den sie auch annehmen -dürfen und können-,  und so der „Schulpflicht“ ein „Recht auf Bildung“ entgegenzusetzen. Eine Zielvorstellung dabei ist natürlich die begleitete Einschulung in die Regelschule. Die Erfahrung der letzten Jahre hat allerdings gezeigt, dass dieser Schritt für viele Kinder und auch für viele Schulen kein einfacher ist. So ist und bleibt es die wichtigste Aufgabe, den Kindern eine adäquate niedrigschwellige Lernatmosphäre anzubieten, in der Verständnis für ihre besondere Lebenssituation herrscht.

45 Kinder und Jugendliche, die nicht in der Nähe wohnen, sind für den Besuch der „kleinen Schule“ mit Monatsfahrkarten ausgestattet, die über das Stadtschulamt und das Jugend- und Sozialamt finanziert werden.

In  Schaworalle arbeiten zwei vom Staatlichen Schulamt Frankfurt abgeordnete Lehrer mit voller Stundenzahl, ein Grundschullehrer und ein Hauptschullehrer.

So sind wir auch in formaler und rechtlicher Hinsicht anerkannter Unterrichtsort. Die beiden Lehrer sind Schulen zugeordnet, im Grundschulbereich ist dies die Comeniusschule, im Hauptschulbereich die Friedrich-Stoltze-Schule. Diese beiden Schulen entsenden im Rahmen des Programms „Besondere Projekte“ des Staatlichen Schulamtes die Lehrer an  „Schaworalle“. Alle Grundschulkinder sind somit offizielle Comeniusschüler, alle Hauptschüler Friedrich-Stoltze-Schüler. Die Akten werden in den Schulen geführt. Die Schüler bekommen zum Ende des Schuljahres zum Zeugnisse mit dem Briefkopf der jeweiligen Schule. Die Zeugnisse enthalten natürlich den Vermerk, dass die Beschulung im Rahmen des Projektes Schaworalle erfolgte.

Wir sind sehr froh, dass diese beiden Schulen bereit waren, mit uns zu kooperieren.

Diese Regelung bedeutet nicht, dass Kinder, die in die Regelschule eingeschult werden, dann diese Schulen besuchen. Einschulung richtet sich nach anderen Kriterien (Wohnort etc.) und bedeutet dann Schulwechsel.

Die Ausschreibung und Neubesetzung der Stelle im Grundschulbereich seitens des Staatlichen Schulamtes  war ein großes Thema im Frühjahr 2004. Die zuständigen Schulamtsdirektoren und der Leiter des Staatlichen Schulamtes waren nach einem Besuch in Schaworalle leicht davon zu überzeugen, dass hier nicht einfach irgendein Lehrer abgeordnet werden kann, sondern die betreffende Person sich für diese besondere Aufgabe entscheiden und zum Schaworalle-Team passen muss. Nach der Ausschreibung gab es dann sehr viele Bewerbungen, es wurde eine Rankingliste erstellt und über einige Wochen schauten sich diverse Lehrerinnen und Lehrer den Schulbetrieb in Schaworalle an. Die  Vorstellungsgespräche fanden dann unter Beteiligung von Vertretern des Staatlichen Schulamtes, der Comeniusschule und der Leitung von Schaworalle statt. Einstimmig entschieden wir uns für einen jungen Grundschullehrer, der seit Mai jetzt mit großem Engagement und Erfolg in  Schaworalle arbeitet.

Seit Sommer 2004 werden wir im Schulbetrieb zudem von zwei Sonderschullehrern der Friedrich-Stoltze-Schule mit je vier Schulstunden pro Woche unterstützt, die einzelne Kinder oder kleine Gruppen besonders fördern. Dies kommt insbesondere denjenigen Kindern der Grundschulgruppe und der Mittelstufe zugute, die viel aufzuholen haben und zeigt großen Erfolg.

Durch die Verfestigung und Professionalisierung des Schulbetriebes in „Schaworalle“ hat sich der Kontakt zu den „großen“ Schulen intensiviert und gefestigt. Für die Kinder, die die Regelschule besuchen, und die ihre Hausaufgaben in Schaworalle machen, fungieren wir als Vermittler zwischen Schule und Elternhaus. Diese Gruppe hat sich in 2004 nochmals vergrößert bzw. stabilisiert und umfasst nun bis zu 12 Kinder.

Das Thema „Einschulung“ und „regelmäßiger Schulbesuch“ ist, wie vieles andere auch, in Schaworalle nicht geradlinig. Bei fast allen Schulkindern gibt es hin und wieder Probleme in der Schule, längere familiär bedingte Fehlzeiten, mangelnde Motivation aufgrund der Perspektivlosigkeit der Familien etc. Dennoch sind unsere „Große-Schule-Kinder“ mittlerweile eine feste Gruppe, die stolz auf ihre Leistung ist und die von den anderen Kindern für ihre Leistung entsprechend bewundert wird.

In  2004 vier Kinder den Übergang in die Regelschule gemacht, alle im Grundschulbereich. Drei davon besuchen trotz sehr desolater Lebenssituation (drohende Ausweisung, Wohnen in der Notunterkunft im Ostpark, kranke Mutter) regelmäßig die Schule. Ein Junge hat in Absprache mit der Lehrerin vor kurzem den Regelschulbesuch abgebrochen und ist zu Schaworalle zurückgekehrt. Der Schulbesuch von zwei Mädchen im Frühjahr letzten Jahres, von langer Hand mithilfe sozialpädagogischer Lernhilfe vorbereitet, ist leider nach einigen Wochen wieder gescheitert.

Bei fast allen Schulkindern sind die Themen Aufenthalt und Wohnungswechsel bzw. Obdachlosigkeit oder Hotelunterbringung, immer wieder die Bruchstelle.


Schulgruppen / Unterrichtsorganisation in „Schaworalle“

Unterricht in „Schaworalle“ wird nicht nur von den Lehrern gestaltet. Die pädagogischen Teams der Gruppen bestehen aus  den ausgebildeten Lehrern sowie Romamitarbeitern und  Sozial- oder Diplompädagogen/innen, die Unterrichtsbereiche übernehmen (Lernen am Computer, muttersprachlicher Unterricht, „Natur und Technik“, Musik und Kunst)

Der Unterricht findet  in zwei Lerneinheiten statt, von 9.30 Uhr bis 11 Uhr und von 11.30 Uhr bis 13 Uhr.


Die Grundschulgruppe

Diese Gruppe von Kindern  im Alter von 7 – 11 Jahren umfasst zurzeit 24 Schüler.

Die Regelmäßigkeit ist recht hoch, so dass täglich 15 bis 25 Kinder anwesend sind.

Es existieren viele verschiedene Lernniveaus, die durchaus unabhängig vom Alter der Kinder sind.

Einige Kinder sind noch nicht sehr lange in Deutschland, sprechen und verstehen nur wenig Deutsch, waren noch niemals in der Schule und verfügen dementsprechend über wenig Kenntnisse. Andere sind vorübergehend bei uns (z.B. bei Obdachlosigkeit oder vorübergehender Hotelunterbringung) bzw. befinden sich nach dem Finden einer Wohnung in der „Warteschleife“ zur nächsten Einschulung. Wieder andere Kinder sind schon lange in Schaworalle.

Der Stoff umfasst die gesamte Palette des Grundschulunterrichtes nach dem „Dorfschulprinzip“, d.h. alle vier Klassen werden in einem Raum an verschiedenen Tischen unterrichtet.

Der Unterricht umfasst insbesondere die Bereiche Deutsch, Rechnen und Sachkunde, einmal wöchentlich gibt es aber auch Lernen am Computer, Kunst und Musik.

Während z.B. im Deutschunterricht oder in Sachkunde durch das Lesen von Texten und Geschichten, das Bearbeiten von Themen und Arbeitsblättern beim gemeinsamen Malen und Basteln oder beim Lernen von Liedern eher ein Gruppenunterricht bzw. ein Gruppengespräch möglich ist, bevor die Kinder je nach Leistungsniveau zur  „Stillarbeit“ übergehen, ist der Rechenunterricht nahezu komplett individualisiert,  bzw. kleingruppenorientiert.

Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder, ihres zum Teil schwierigen Verhaltens und auch der sehr verschiedenen Konzentrationsfähigkeiten ist die Betreuung dieser Gruppe besonders personalintensiv. Neben dem Lehrer sind meist eine muttersprachliche Mitarbeiterin und noch eine weitere Betreuungsperson mit in der Klasse.

Insgesamt wird versucht, die Arbeit so stark wie möglich den Bedingungen von Schule bzw. Schulklassen anzupassen, d.h. auch entsprechende Materialien wie Lesebücher, Schreiblernkurse oder Unterlagen  aus dem Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ zu verwenden.

Die Atmosphäre in der Grundschulgruppe hat sich durch die Neubesetzung der Stelle sehr entspannt. Gerade für die Kinder dieser Altersgruppe ist es wichtig feste Bezugspersonen zu haben. Insbesondere den „wilden“ Jungs dieser Gruppe scheint es gut zu tun, dass es sich um eine männliche Lehrkraft handelt.

So hat sich, auch durch die Unterstützung durch einer Sonderschullehrerin aus der Friedrich-Stoltze-Schule, in der Grundschulgruppe einiges verändert. Viele Kinder haben entscheidende Lernfortschritte gemacht (Lesen gelernt, Mengenbegriffe verstanden etc.) Zudem verfügt nun jedes Kind, das die Gruppe regelmäßig besucht, über einen Ordner mit in der nächsten Zeit zu erledigenden Aufgaben in den Bereichen Deutsch, Rechnen und Sachkunde.


Die Mittelstufe

In der Mittelstufe werden diejenigen Kinder (11 – 14 Jahren) unterrichtet, die die Grundschulgruppe erfolgreich absolviert haben, lesen und schreiben können sowie die Grundrechenarten beherrschen, aber auch diejenigen neuen Kinder, die im entsprechenden Alter sind. Es wird versucht, den Unterricht so weit wie eben möglich dem Stoff der fünften / sechsten Klasse anzupassen. Neben dem Schwerpunkt auf Deutsch und Mathematik und „Weltkunde“,  gibt es in der Mittelstufe die Fächer: Muttersprachlichen Unterricht, Englisch, Kunst, Lernen am Computer sowie „Natur und Technik“, wo es um Grundbegriffe der Naturwissenschaften geht.

Bis auf einige Ausnahmen, die so oft wie möglich auch einzeln oder in Kleingruppen gefördert werden, ist die „Mittelstufe“  leistungshomogener als die Grundstufe.

Die Mittelstufengruppe umfasst zurzeit 18 Kinder.


Die Hauptschulgruppe

Hier wird denjenigen Kindern und Jugendlichen (14 – 16 Jahre) ein Bildungsangebot gemacht,

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         die schon lange unser Projekt besuchen und bei denen trotz diverser Versuche  kein  Besuch in der Regelschule  gelungen ist,

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         die im eigenen kulturellen Zusammenhang schon „Erwachsene“ sind und denen die Eltern keinen Schulbesuch mehr erlauben,
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         oder auch diejenigen, die vom Sozialamt oder von der Jugendgerichtshilfe die Auflage haben, unsere Einrichtung zum Zweck des Schulbesuchs zu besuchen.

Natürlich gibt es auch hier immer wieder „Schulanfänger“, die zum Teil noch alphabetisiert werden müssen oder dringend Einzelförderung benötigen. Diese Schüler werden ein bis zweimal wöchentlich in einer Kleingruppe betreut.

Der Unterricht in der Hauptstufe und umfasst die gleichen Fächer wie in der Mittelstufe. So gibt es Rechenunterricht mit Schwierigkeitsgraden von Klasse 5 bis 7 / 8,  Deutschunterricht mit Schwerpunkt auf verstehendem Lesen und Schreiben sowie Grammatik und Rechtschreibung, aufgebaut nach selbstentworfenen Materialien oder mit Materialien aus dem Bereich „Deutsch als Fremdsprache“. Es gibt einen Unterrichtsbereich, der sich „Weltkunde“ nennt und Sachkundethemen aus Erdkunde, Geschichte, Biologie, Religion und der Geschichte der Roma und Sinti zum Mittelpunkt, aber auch  Themen aus dem Alltag der Kinder und Jugendlichen umfasst. Zusätzliche Fächer sind auch hier Englisch, Lernen am Computer  „Natur und Technik“ und Muttersprachlicher Unterricht.


Der Nachmittag

Nach dem Mittagessen lösen sich die Gruppen altersgemischt und neigungsorientiert auf. Die Jugendlichen, die aufgrund von Auflagen das Schulprogramm besuchen, gehen nach einer kurzen Spielphase nach Hause, die Kinder, die die Regelschule besuchen, kommen zum oder nach den Mittagessen hinzu.

Ab13.30 gibt es das Angebot zur  Hausaufgabenhilfe, an der täglich fünf bis zehn Kinder teilnehmen. An den meisten Tagen werden die Hausaufgaben im Büro der Leiterin gemacht, worauf die „Große-Schule-Kinder“ sehr stolz sind. Diese Gruppe hat sich in 2004 sehr stabilisiert. Das Belohnungssystem der Sternchen gibt in dieser Gruppe natürlich auch, nämlich für besonders gut gemachte Hausaufgaben, gute Noten und regelmäßigen Schulbesuch.

Neben dem vielfältigen Angebot zum freien Spielen (Tischfußball, Toben im Bewegungsraum oder auf dem Außengelände, Brettspiele aller Art, Malen, Basteln etc.), gibt es täglich einige besondere Angebote:

Normalerweise hat an zwei Nachmittagen die Holzwerkstatt geöffnet, wo die Kinder mit allerlei Werkzeug an zwei Werkbänken lernen, kleine Dinge (Brettspiele, Kreisel, Schiffe, Autos, Tischtennisschläger etc.) selbst herzustellen oder auch schon einmal einen zerstörten Stuhl reparieren. Von den Osterferien bis Ende Oktober 2004 standen die Werknachmittage allerdings unter dem Motto „Mosaik: Wir verschönern die Schlange auf dem Außengelände“.  Noch vor den Osterferien waren in verschiedenen Baumärkten und Sanitärgeschäften vielerlei bunte Kachelreste besorgt worden. Diese wurden nun mit den Kindern zusammen zerkleinert und nach Farben sortiert. Ein Muster wurde entworfen und die Betonschlange, die als Sandkastenumrandung dient, liebevoll mit kleinen Kachelstücken beklebt und anschließend verfugt. Diese Arbeit dauerte wesentlich länger als angenommen und zog sich insgesamt bis nach den Herbstferien hin.

In einem anderen Raum im Erdgeschoss ist die Musikwerkstatt untergebracht, wo unter Anleitung  mit Trommeln und Orff-Instrumenten rhythmisch gearbeitet wird. Zudem gibt es Keyboardunterricht (mit Kopfhörern) für Einzelne und kleine Gruppen.

Besonders beliebt ist dieser Raum als Rückzugsmöglichkeit zum Tanzen und Musikhören.

Immer wieder werden für ein bis zwei Stunden die neuesten Romahits aus Rumänien gespielt und groß und klein widmet sich der Lieblingsbeschäftigung: dem Tanzen.

Zwei bis drei Nachmittage pro Woche kann unter Aufsicht der Billardraum genutzt werden.

Sehr beliebt  ist der Computerraum. Hier stehen den Kindern sechs Rechner zur Verfügung, die neben Schreib- und Malprogrammen mit einigen Spielen, aber insbesondere mit Lernsoftware ausgestattet sind. Fünf der sechs Computer sind Spenden. Neben dem offenen Angebot zum Spielen und Lernen nachmittags wird der Computerraum auch am Vormittag für die Schulgruppen genutzt. So ist es unser Ziel, dass alle Kinder die wichtigsten Grundbegriffe beherrschen, um so den Computer als sinnvolles Lernmittel nutzen zu können.

Leider ist der Computerraum seit September 2004 unbetreut. Wir hoffen, dass er in diesem Jahr mithilfe der Aktion Mensch für ein neues Projekt im Bereich Alphabetisierung und Einzelförderung als dringend notwendige Ergänzung des Schulprogramms wieder eröffnet werden kann.

Täglich nach dem Mittagessen wird der Bewegungsraum  intensiv genutzt. Besonders beliebt ist Jahr neben dem Trampolinspringen das Tischtennisspielen. Täglich war und ist die Tischtennisplatte hart umkämpft und einige Kinder haben durchaus sehr Leistungsfortschritte gemacht.  Seit Anfang 2004 besuchten  acht Jungen von 10-13 Jahren einmal wöchentlich mit unserem Hauptschullehrer ein Tischtennistraining der TG Bornheim, das in Kooperation mit der Friedrich-Stoltze-Schule angeboten wird.

So waren „zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen“: die am Training beteiligten Jungs bekamen die Möglichkeit zusammen mit anderen Kindern  leistungsorientiert Sport zu treiben und innerhalb von Schaworalle wurde den kleineren Kindern und insbesondere den Mädchen verstärkt Gelegenheit  gegeben, Tischtennisspielen zu lernen. Im Laufe des Jahres wurde die Teilnahme unserer Jungen am Training seitens des Trainers mit fadenscheinigen Begründungen zunehmend problematisiert, bis im Herbst schließlich die Teilnahme am Training eingestellt wurde. Nach einem Gespräch mit den zuständigen Koordinatoren der Friedrich-Stoltze-Schule wird das Training jetzt in diesem Jahr wieder aufgenommen.

In Schaworalle gab es zwei große Tischtennisturniere, erstmalig auch mit einer Mädchengruppe.

Seit den Herbstferien bietet unser Grundschullehrer einmal wöchentlich nachmittags Sportunterricht in der Halle an, im Wechsel einmal für die Großen und einmal für die Kleinen Schul- und Hortkinder. Zunächst fand der Sportunterricht in der Halle der Comeniusschule statt, mittlerweile in einer Halle der Friedrich-Stoltze-Schule.

Einmal im Monat findet die Vollversammlung für alle Kinder und Mitarbeiter von Schaworalle, die „Bari Worba“ (Rom.:“das große Wort“)statt.

Hier werden alle anstehenden Themen, wie Pläne für die nächste Zeit, Erfolge und Konflikte, Regeln und Sanktionen und nicht zuletzt auch Wünsche und Ideen besprochen.

Ab Januar 2004 werden in der „Bari Worba“ aus jeder Schulgruppe ein oder zwei Schüler    zu den „ Schülern des Monats“ ernannt. Diese kleine Gruppe macht dann zusammen mit einem Betreuer einen besonderen Ausflug z.B. in die Eissporthalle. Natürlich gibt es auch einen „Schüler des Monats“ unter den Kindern, die die Regelschule besuchen.  

Die „Bari Worba“ knüpft an die Tradition der „cris“, der romainternen Gerichtsverhandlung, an.  Sanktionen, die in einer „cris“  vom „crisatori“ (Richter) ausgesprochen werden, werden von den Mitgliedern der Gemeinde sehr ernst genommen und eingehalten. Da wir einerseits auf dieses, den Kindern vertraute Instrumentarium zurückgreifen, andererseits aber die Versammlung nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Sanktionierung durchführen wollten, einigten wir uns auf den Titel „Bari worba“.  Die Versammlung wird von den Kindern sehr ernst genommen.

Jeden letzten Freitag im Monat wird in Schaworalle Geburtstag gefeiert. Alle Kinder, die in diesem Monat Geburtstag hatten, werden mit „Happy Birthday“ besungen, bekommen ein kleines Geschenk, es gibt Torte und danach werden von klein und groß zu den aktuellsten Hits die zwei Lieblingsspiele „Luftballontreten“ und die „Reise nach Jerusalem“ gespielt.

Nur noch zu besonderen Anlässen wird in Schaworalle  Theater gespielt. Der wöchentliche Workshop unter Leitung eines muttersprachlichen Schauspielers musste leider im Mai beendet werden.

Dennoch wurde auch in 2004 zu Weihnachten ein Märchen, diesmal „Cinderella“, in Romanes inszeniert. Mit den Kindern, muttersprachlichen Mitarbeitern und Müttern zusammen wurden die Dialoge übersetzt und über zwei Monate lang wurde fast jeden Tag geprobt. Wie immer wirkten viele Kinder mit und das Stück wurde mit viel Tanz unterlegt.

Das Ergebnis war beeindruckend und begeisterte bei der Weihnachtsfeier die ganze anwesende Gemeinde.

Auch an der üppigen Bühnengestaltung hatten die Kinder zwei Wochen lang intensiv mitgearbeitet. 


Ausflüge und Ferien

Während der Schulzeit finden in Schaworalle immer wieder kleine Ausflüge ins Schwimmbad, zum Fahrradfahren an den Main, ins Museum, zu Ausstellungen, zum Schlittenfahren in Taunus, ins Kino etc. statt.

Ein Höhepunkt war Ende Juni der Besuch des Zirkus Barelli, für den wir, wie viele andere Einrichtungen, Freikarten über das Kinderbüro bekommen hatten, so dass wir mit einer sehr großen Gruppe ( ca.60 Personen) die Vorstellung besuchen konnten.

Mehr Zeit für besondere Aktivitäten ist natürlich in den Ferien. Dann gibt es auch in „Schaworalle“ keinen Unterricht und wir organisieren für die Kinder und mit ihnen zusammen ein ganztägiges Ferienprogramm. Neben Spielaktionen und -projekten im Haus gibt es Ausflüge mit der ganzen Gruppe ins Schwimmbad, in die Lochmühle, in den Zoo, zum Grillen in den Park, zu den Mainspielen etc. 


Die Ferienfreizeit

Jedes Jahr in den Sommerferien fährt Schaworalle eine Woche „in Urlaub“, ein Höhepunkt im Jahr, nach dem viele Kinder schon ab Frühjahr immer wieder fragen. Auch in diesem Jahr waren wir wieder mit einer Gruppe von 25 Kindern im Alter von 7 bis 14 Jahren in der Jugendherberge am Edersee.

Der Aufenthalt in diesem großen, mit vielen Gruppen vollbelegten Haus verlief reibungslos. Viele Kinder waren schon zum zweiten Mal dabei und kannten die recht strengen Regeln einer Jugendherberge mit festen Essens- und Schlafenszeiten, Büffet zum Frühstück und Abendessen im Speisesaal. Die Herbergseltern sind sehr nett und drückten schon mal ein Auge zu, wenn nicht alles ganz nach Plan verlief. Der Kontakt zu den anderen Kindern und Jugendlichen war gut und problemlos.

Die Umgebung ist für eine Kinderfreizeit ideal. Es gibt viele schön gestaltete Spielplätze und Freizeitmöglichkeiten. Fast alles kann zu Fuß, per Seilbahn oder mit dem Schiff erreicht werden, insbesondere natürlich das Strandbad, aber auch die Burg Waldeck, die Staumauer oder der Wildpark. Hauptattraktion bildeten auch in diesem Jahr wieder der Ausflug zur Sommerrodelbahn und die Kinderdisko am Donnerstagabend.


Mädchen / Mädchenarbeit

Der Mädchenanteil bei „Schaworalle“ beträgt  ca. 50 %.

Im Kindergarten- und Grundschulbereich sind die Jungen oft in der Überzahl, im Bereich der älteren schulpflichtigen Kinder betreuen wir auffällig viele Mädchen. Dies hat mehrere Gründe: So gilt bei vielen Romafamilien Schule und Bildung für Mädchen als weniger wichtig als für Jungen und ist in der Regel nur bis zum zwölften oder dreizehnten Lebensjahr überhaupt möglich. Der gemischtgeschlechtliche Zusammenhang z.B. einer Regelschule wird als Gefahr für die Tochter gesehen, insbesondere dann, wenn keine Aufsichtsperson aus dem eigenen Kulturkreis anwesend ist. „Schaworalle“ gewährleistet diese Aufsicht durch Geschwister und Betreuer, die Roma sind.

Da die Perspektiven der Mädchen angesichts von Tradition, Lebenssituation und Chancen auf ein eigenständiges Leben, z.B. in Form von Berufstätigkeit, sehr gering sind, ist  Kindern und Eltern die Zweckhaftigkeit von Lernen über die Grundkenntnisse hinaus oft schwer vermittelbar. So sind z.B. in der Gruppe der Kinder, die die Regelschule besuchen, in der Überzahl.

Dennoch ist in allen Gruppen auffällig, dass die Mädchen oft diejenigen sind, die schneller Lernerfolge erzielen, sowohl im kognitivem als auch im psychosozialen Bereich.

Im Gegensatz zur früheren Arbeit wird in den Räumen der Kindertagesstätte koedukativ gearbeitet, d.h. die Gruppen und Angebote sind nicht mehr nach Geschlecht sondern nach Alter bzw. Neigung getrennt. Eine Ausnahme bilden die Tanzgruppen und auch die  Ausflüge ins Schwimmbad, die von den Mädchen sehr geliebt werden.


Die Mutter-Kind-Gruppe / Mama lernt Deutsch

Am Montagvormittag trifft sich in Schaworalle eine weitere Gruppe: die Mutter-Kind-Gruppe. Das Angebot, konzipiert in Zusammenarbeit mit der Jugendgerichtshilfe und der Bewährungshilfe, richtet  sich speziell an junge Romafrauen mit Säuglingen und Kleinkindern, die gemeinnützige Arbeit abzuleisten haben. Im Durchschnitt nehmen sechs Frauen mit jeweils einem bis drei Kindern regelmäßig das Angebot wahr. Mit der Maßnahme sollen die jungen Mütter, die zwischen 17 und 25 Jahre alt sind, an die Einrichtung herangeführt werden, aber auch die Möglichkeit haben, sich bezüglich Kindererziehung, Gesundheitsvorsorge, sozialer Probleme etc. auszutauschen. Seit Mai 2002 gibt es für diese Gruppe auch ein Bildungsangebot: „Mama lernt Deutsch“. „Mama lernt Deutsch“ ist ein Kooperationsprojekt des Amtes für Multikulturelle Angelegenheiten und der Volkshochschule. Ziel ist die Alphabetisierung und das Erlernen der deutschen Sprache bei ausländischen Müttern. Dabei wird für die Kinderbetreuung gesorgt. Eine oder Mutter kümmert sich zusammen mit einer Erzieherin von uns um die Betreuung der Kleinkinder, während die übrigen Mütter bei einer Lehrerin der VHS den Unterricht besuchen. Für die Kinderbetreuung wird eine kleine Aufwandsentschädigung gezahlt. Die Kosten für den Kurs übernimmt der Förderverein.

Das Angebot hat sich bewährt. Zwar ist der Schulraum für die Gruppe recht klein und aufgrund der vielen Säuglinge geht es auch manchmal recht turbulent zu, dennoch lernen die meisten Frauen eigentlich gerne und motiviert. Leider sind es auch hier oft die existentiellen Sorgen, die die Regelmäßigkeit beeinträchtigen.


Elternarbeit /  Beratung und Betreuung der Familien

Ein Schwerpunkt der Arbeit des Fördervereins Roma betrifft die Arbeit mit den Familien, bislang insbesondere die Beratung und Betreuung in Sachen Existenzsicherung und Aufenthalt. Diese Arbeit wird in der Geschäfts- und Beratungsstelle des Vereins geleistet. Die Koppelung der beiden Schwerpunkte Kindertagesstätte und Beratungsstelle hat sich bewährt. Da die Eltern auch ihre Probleme bzw. die der ganzen Familie in „Schaworalle“ vertreten sehen, fällt der Zugang und die Identifikation mit der  pädagogischen Arbeit leichter. Oft sitzen Mütter und Väter für einige Zeit am Tisch vor der Küche, trinken einen Kaffee, unterhalten sich, interessieren sich für das, was ihre Kinder tun und sind  ansprechbar für deren Probleme und Entwicklungen. Insbesondere mit den Eltern, deren Kinder die Regelschule besuchen, sind immer wieder Gespräche nötig, viele Ängste müssen ausgeräumt z.B. bzgl. Schwimmen, Ausflügen oder gar Klassenfahrten, die vielen Briefe der Schulen erklärt und die vielen Sachen die gebraucht werden gemeinsam besorgt werden. Genauso wichtig sind die Vermittlung und Übersetzung beim Kontakt mit den Lehrern.

Zu fast allen Eltern bestehen so mehr oder weniger enge Beziehungen.

Diese Nähe zur Familie hat natürlich auch ihre Schattenseiten. Es muss gut darauf geachtet werden, dass der pädagogische Alltag durch die Anwesenheit zu vieler Eltern nicht gestört wird und  Konflikte von Kindern auch Konflikte von Kindern bleiben, die durch das Personal geregelt werden und nicht durch die anwesenden Eltern.

Natürlich sind die Familien auch bei allen wichtigen Anlässen oder Festen in „Schaworalle“ anwesend.

Leider ist die konkrete Arbeit an Existenzsicherung und Aufenthalt nicht immer so erfolgreich wie die Arbeit mit den Kindern und Eltern. Die Erfolge liegen hier oft nur im Detail, ein Krankenschein hier, eine verlängerte Duldung da, Sozialhilfe für ein in Deutschland geborenes Kind  etc.

Es gelingt oft nicht, die desolate soziale und ausländerrechtliche Situation der Familien dahingehend zu verändern, dass die Basis der Kinder für einen einigermaßen gesicherten Ausbildungsweg gegeben ist. Im Gegenteil ist es aktuell eher der Fall, dass Familien mit Kindern, die schon sehr lange in Deutschland sind, sehr massiv und konkret von Abschiebung bedroht sind. Im letzten Jahr mussten über 30 Kinder mit ihren Familien das Land verlassen.


Besonderes in 2004

Öffentlichkeitsarbeit

Die Kindertagesstätte „Schaworalle ist ein bundesweit bekanntes Pilotprojekt. Die „Sichtbarkeit“ der Arbeit im Gegensatz zu früher, die Tatsache, dass hier Romakinder wirklich  all das tun, was andere Kinder auch tun, und sich dabei außerordentlich wohl fühlen, hat dazu geführt, dass der Besuch von Journalisten,  aber auch von interessierten Gruppen und Einzelpersonen seit der Eröffnung im Oktober 1999 nicht abgerissen hat. So gibt es häufig Termine mit Lehrern, Schulleitern, Sozialpädagogen, die mit Romakindern und –familien  arbeiten, Studenten(gruppen), Schulklassen, Arbeitskreisen, Vertretungen von Ämtern und Institutionen, Fortbildungsgruppen etc., die sich vor Ort über die Arbeit und insbesondere über die Hintergründe des Lebens der rumänischen Romafamilien in Frankfurt informieren möchten.

Auch der stadtinterne Arbeitskreis „Roma“ der seitens des Jugendamtes initiiert wurde, findet in den Räumlichkeiten der Kita statt, ebenso eine Veranstaltung zur Lehrerfortbildung.

Bei allem Trubel, den dies manchmal mit sich bringt, und der Gratwanderung, die Besuche nicht zu viel werden zu lassen, hat sich doch gezeigt, dass die direkte Auseinandersetzung mit der Arbeit, den Kindern und Familien oft schneller zu mehr Verständnis führt  als die rein theoretische Diskussion.

Häufig werden die Mitarbeiter des Fördervereins auch hinzugezogen zu Schulkonferenzen, Stadtteilarbeitskreisen, Fortbildungen etc., um über die Arbeit von Schaworalle und die  Lebenssituation der Roma zu bereichten.


Veröffentlichungen

Nachdem sich die ausländerrechtliche Situation der von uns betreuten Familien im Laufe des Jahres trotz aller Versuche stadtintern zu intervenieren, zunehmend verschlechterte und immer mehr Familien, die schon lagen mit ihren Kindern in Frankfurt lebten das Land verlassen mussten, wurde seitens des Fördervereins Roma unterstützt von Vertretern von AMKA, Jugend- und Sozialamt, Stadtschulamt, des Kinderschutzbundes und Pro Asyl eine Pressekonferenz anberaumt. Auch ein Vertreter der Katholischen Zigeunerseelsorge in Köln war extra angereist.  Leider war die Pressekonferenz kein großer Erfolg. Zwar waren einige Pressevertreter anwesend, doch die daraufhin erschienenen  Artikel waren klein und erregten wenig öffentliches Interesse.

Von größerer öffentlicher Wirkung war hingegen eine  eineinhalbstündige Sendung des Deutschlandfunks im November, die im Rahmen des Programms „Journal am Vormittag –Länderzeit“ life in Schaworalle produziert wurde. Neben einer Führung durch Schaworalle und der Vorstellung der Arbeit gab es Gespräche mit dem Geschäftsführer des Fördervereins und eine Diskussionsrunde mit Jugendlichen, die im EU-Beschäftigungsprojekt tätig sind. Zu Gast waren außerdem Sabina Xhemajli, Mitarbeiterin des Rom e.V. in Köln und tätig für Amaro Kher, sowie ein Mitarbeiter des Jugendamtes Köln. Besonders gefreut haben wir uns über die Teilnahme von Frau Brigitte Mihok, Wissenschaftlerin am Institut zur Erforschung des Antisemitismus an der TU in Berlin, die sich seit Jahren intensiv mit der Situation von Roma in Rumänien beschäftigt. So konnten viele Aspekte über die Lebenssituation von Roma in Deutschland, über die Projekte in Frankfurt und Köln, aber auch über die Situation in Rumänien anschaulich dargestellt werden.

Ende 2004 erschien im Beltz Verlag endlich das Buch von Florian Lindemann „Schule muss schmecken“ – Ermutigende Erfahrungen junger Roma im deutschen Bildungswesen. Unterstützt von mehreren Stiftungen, u.a. der Freudenbergstiftung, hat der Autor Projekte in  Berlin, in Hamburg, Göttingen und Frankfurt besucht, die sich erfolgreich mit dem Thema der schulischen Integration von Romakindern  beschäftigen. Neben den Darstellungen der unterschiedlichen Ansätze und Projekte werden auch Roma vorgestellt, die in diesem Zusammenhang arbeiten, darunter unsere junge rumänische Kollegin.

In 2005 wird eine Kindersendung aus der Reihe „Willi wills wissen“ eine Sendung über das Leben von Roma und Sinti in Deutschland machen und in diesem Zusammenhang auch bei uns drehen. Die Kinder und auch die Eltern, die diese Sendung, die in der ARD, in Kika und im BR gezeigt wird kennen, waren erstmals ganz begeistert von einer Fernsehsendung in Schaworalle.


Arbeitskreise / Vernetzung

Neben der guten, auf die konkrete Situation oder den Einzelfall bezogenen Vernetzung mit diversen städtischen Ämtern und Institutionen (Stadtschulamt, Sozialamt, Jugendamt, Staatliches Schulamt,  AMKA, Stadtgesundheitsamt) gibt es zwei große Arbeitskreise, bei denen „Schaworalle“ vertreten ist. Da ist zunächst der oben schon erwähnte „Arbeitskreis Roma“, der seitens des Jugendamtes initiiert wurde und bei dem Vertreter diverser städtischer Ämter (insbesondere der Sozialrathäuser, der Jugendgerichtshilfe, der Bewährungshilfe etc.) und auch der Polizei wichtige Themen bezüglich der Situation der in Frankfurt lebenden rumänischen Romafamilien besprechen. Die Themen betreffen Ausländerrecht und Sozialhilfebezug, Straffälligkeit, Schulbesuch, aber auch Hintergründe zu Kultur und Lebensorganisation der Roma. Ziel ist die Ausbildung von Multiplikatoren, die in ihren jeweiligen Arbeitsbereich die Informationen weitertragen können.

Die gleiche Zielsetzung verfolgt die Fortbildung für Frankfurter Lehrer, die vom Amt für Multikulturelle Angelegenheiten initiiert wurde. Neben Hintergrundinformationen steht hier das Thema „Beschulung von Romakindern“ im Vordergrund, der Austausch über „best practices“, über den Umgang mit Unregelmäßigkeiten, die Elternarbeit etc. In  2002 wurde aus diesem Kreis heraus die Broschüre „Dawen Bachtale“ – Zu Fragen der schulischen Integration von Romakindern“ herausgegeben, die sehr viel Beachtung findet. „Awen Bachtale“ ist Romanes und heißt soviel wie „Herzlich Willkommen“.

Die Lehrerfortbildung wird von Vertreterinnen des AMKA, des Staatlichen Schulamtes und  der Leitung von „Schaworalle“ vorbereitet und findet zweimal jährlich statt.

Auch in 2004 stand die Lehrerfortbildung wieder unter dem Vorzeichen der Begegnung von Roma und Nicht-Roma. Diesmal waren Romaeltern eingeladen, um sich mit den anwesenden Lehrern zum Thema Schulbesuch ihrer Kinder auseinanderzusetzen.

Des Weiteren gibt es einen internen Arbeitskreis, der sich speziell mit der konzeptionellen Entwicklung zum Thema Schule in „Schaworalle“ beschäftigt. Hier sind die zuständigen Vertreter des Stadtschulamtes, des Staatlichen Schulamtes, des AMKA, des Jugend- und Sozialamt, die Schulleiter der Kooperationsschulen sowie die Lehrer und die Leitung von Schaworalle  zugegen. Wichtiges Thema war in 2004 natürlich die Ausschreibung und Besetzung der Stelle im Grundschulbereich in Schaworalle.


Jugendgericht / Jugendgerichtshilfe

Schaworalle arbeitet eng mit dem Jugendgericht, der Jugendgerichtshilfe und auch der Bewährungshilfe zusammen, nicht nur bzgl. der Mama-Kind-Gruppe. Vielen Kindern und Jugendlichen gelingt es nicht den Teufelskreis von Randständigkeit – Armut - Kriminalität zu durchbrechen und sie werden straffällig, manche mehr, manche weniger.

Da Zugang zu Bildung und die Anbindung an eine soziale Einrichtung, die sie in ihrer gesamten Lebenswelt annehmen kann, die einzige und manchmal auch letzte Chance ist, die viele diese Jugendlichen haben, werden Schulbesuch oder auch die Ableistungen von Stunden gemeinnütziger Arbeit in Schaworalle für manche Jungen und Mädchen ab 14 Jahren zur Auflage. Auf die Einhaltung der Auflagen wird genau geachtet.

Auch Erwachsene haben in Schaworalle die Möglichkeit gemeinnützige Arbeit abzuleisten.

Meist verstärken ein bis zwei Mädchen und Frauen so das Hauswirtschaftsteam. Zurzeit arbeiten zudem zwei junge Männer, ein Rom, ein Türke, in Schaworalle, die sich beide auch im pädagogischen Bereich gut als Hilfskraft integrieren lassen.


Bundesweite Vernetzung

Seit 2002 plant die Stadt Köln ein ähnliches Projekt wie „Schaworalle“ zu organisieren, insbesondere für Kinder und Jugendliche aus Romafamilien, die im Bereich Kriminalität auffallen. Träger soll der Rom e.V. sein, ein Verein, mit dem wir schon sehr lange insbesondere im Bereich Menschenrechts- und Öffentlichkeitsarbeit kooperieren. Um sich die Arbeit vor Ort anzuschauen gab es immer wieder Besuche aus NRW von Vertretern des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der Aktionsgemeinschaft „Junge Flüchtlinge“, des Kinderschutzbundes, des Landesjugendamtes, des Jugendamtes und natürlich des Rom e.V., in 2004 unter Anderen auch der Kölner Polizeipräsident.

Zudem waren die Leiterin von Schaworalle und eine Romamitarbeiterin bei einer Podiumsdiskussion der Grünen eingeladen.

Die Diskussion um diese sogenannten „Klaukinder“ hatte sich in Köln zunehmend verschärft. So gab es nicht wenig Stimmen die sich für harte Strafen und restriktive Maßnahmen wie die geschlossene Heimunterbringung einsetzen. Entsprechende Medienkampagnen begleiten diese Tendenz. Seitens der Polizei war gegen die Kinder mit entwürdigenden Maßnahmen vorgegangen worden .So mussten sich beim Klauen erwischte Kinder ausziehen und zum Zeichen ihrer „Verwahrlosung“ wurden sowohl die nackten Kinder alsauch die schmutzige Unterwäsche fotografiert. Nach dem Intervenieren des Rom e.V. und der Publikmachung dieser Methoden wurde dies eingestellt.

Doch auch uns war es wichtig, den Kölner Polizeipräsidenten darauf anzusprechen und unsere Meinung dazu zu äußern.

Dennoch: Endlich hat sich die Stadt Köln dazu entschlossen, mit der pädagogischen Arbeit zu beginnen. Nach den Sommerferien konnte in „Amaro Kher“ (Romanes: Unser Haus) mit der Arbeit begonnen werden. Orientiert an Schaworalle gibt in Amaro Kher Schulunterricht, Mittagessen und Freizeitbetreuung, allerdings zunächst noch im kleinen Rahmen eines Containers. Ein Kindergartenbetrieb ist noch nicht möglich. Die eigentlichen Räume sollen im Frühjahr diesen Jahres bezogen werden. Wir wünschen den Kollegen viel Erfolg und freuen uns darüber, endlich nicht mehr „bundesweit einmalig“ zu sein.


Arbeits- und Beschäftigungsprojekt für Jugendliche

Seit Sommer 2003 ist der Förderverein in Zusammenarbeit mit der Roma-Union Grenzland aus Aachen und der RAA Berlin sowie Projekten in Ungarn und Jugoslawien Träger eines Ausbildungs- und Beschäftigungsprojekt für Roma-Jugendliche, das über das EU-Programm EQUAL und das Sozialamt Frankfurt finanziert ist.

Ziel ist es 15 Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine weitere Schulausbildung mit dem Hauptschulabschluss als Ziel, eine berufliche Orientierung in Form von Praktika, und eine Weiterbildung in Form von Computerkursen und Kursen in Handelslehre anzubieten

( detaillierte Projektbeschreibung über die Geschäftsstelle des Förderverein Roma erhältlich).

Die Jugendlichen erhalten Sozialhilfe plus ein kleines Entgelt für die geleistete Arbeit.

Die Perspektive, die dieses Projekt den Jugendlichen bietet, ist eine große Entlastung für Schaworalle. Lange Zeit gab es für diejenigen, die für den Unterricht in Schaworalle zu alt geworden waren, kein adäquates Angebot. In Ermangelung von Alternativen besuchten sie unsere Hauptschulgruppe weiter (bzw. mussten sie aufgrund von Auflagen weiterbesuchen).

Dies hat sich nun geändert. Viele der Jugendlichen über 16 Jahre, die vorher in Schaworalle waren, nehmen an diesem Projekt teil. In 2004 hat sich das Projekt nochmals stabilisiert. In diesem Sommer werden die Jugendlichen die Prüfungen zum Hauptschulabschluss antreten.

Leider läuft die Finanzierung des Beschäftigungsprojekt in diesem Sommer aus.. Momentan wird fieberhaft nach einer Möglichkeit gesucht, eine Anschlussfinanzierung auf die Beine zu stellen, um zumindest Module weiterführen zu können.

Im Rahmen des Equal-Projekts fand im Oktober 2004 eine Internationale Fachtagung zum Thema „Qualifizierung von Sinti und Roma zu Mediatoren und Mediatorinnen im Bereich Schule, Beruf und sozialer Arbeit“ statt. Neben den Ansätzen aus Berlin, Hamburg, Frankfurt und Aachen wurden auch Projekte zu Ausbildung und zum Einsatz von Romamediatoren aus Osteuropa (Serbien, Tschechien) und Finnland vorgestellt. Zum Thema „Gegenwart der Geschichte“ sprach Frau Petra Rosenberg. Auch das grundlegenden Problem und die Grenze der Schulmediation, nämlich die Frage von ungesichertem Aufenthalt und Perspektivlosigkeit fand genügend Raum und wurde von einem Vortrag des Innensenators von Berlin flankiert, der zumindest für Berlin kleine Hoffnungen machen konnte und auch versprach, das Thema der Tagung auf der nächsten Innenministerkonferenz anzusprechen.

.In den Monaten danach gelang es, zumindest für die Jugendlichen, die das Projekt besuchen, den Aufenthalt bis zum Sommer zu sichern.


Last not least

Die ganz große Sorge, die unsere pädagogische Arbeit immer wieder belastet und beeinträchtigt ist die ausländerrechtliche Situation vieler Familien, deren Kinder „Schaworalle“ besuchen. Mit der in 2001 getroffenen Vereinbarung zwischen Deutschland und Rumänien, die die Rücknahme aller rumänischen Staatsbürger betrifft, ist die schon lange unsichere Situation dem Gefühl realer Bedrohung gewichen. Immer wieder werden Leute abgeschoben, oft die Familienväter alleine, der Rest der Familie bleibt zurück und hofft, dass der Vater einen Weg findet zurückzukommen.

Andere reisen mit der ganzen Familie aus in die ungewisse Zukunft nach Rumänien oder ins europäische Ausland und kommen kurz darauf als „Touristen“ mit einem Visum für drei Monate zurück. Perspektive, Schule, Wohnung, Existenzsicherung, Krankenversicherung bleiben völlig ungesichert.

Eine in 2004 erstellte Liste zeigt auf, dass seit 2002 über 50 Kinder, die Schaworalle besucht hatten, mit ihren Familien das Land verlassen mussten, davon 75% in 2004. Bei den meisten handelte es sich um Familien, die lange Zeit in Frankfurt gelebt hatten.

In den Familien, aber auch in Schaworalle, wird ständig darüber gesprochen. Die Familien fürchten ständig, das Land zu verlassen zu müssen, leben im Vier-Wochen-Rhythmus bis zur Verlängerung der nächsten Duldung, haben  laufende Sorgen mit der Existenzsicherung, hetzen von einem Termin zum nächsten. Die Situation belastet natürlich auch die Kinder erheblich.

Wir Mitarbeiter von Schaworalle können die Bedrohung der Familien durch die tägliche Zusammenarbeit sehr gut nachvollziehen.

Unsere pädagogische Arbeit erschiene uns fragwürdig, wenn wir uns nicht um die existentiellen Belange der Familien kümmern würden. Denn der Teufelskreis beginnt an jedem Ort wieder neu: Vorurteile - Leben auf und unter dem Existenzminimum- Erwerbslosigkeit – Armut – Bettelei – Kriminalität – Randständigkeit – Ausgrenzung – Perspektivlosigkeit.

Wir würden uns wünschen, dass die Stadt Frankfurt  oder das Land Hessen Verantwortung gegenüber den Kindern der „Schaworalle“ übernimmt. Die kleine Perspektive der Projektjugendlichen hat gezeigt, dass auf die Ausländerpolitik Einfluss genommen werden kann!


Frankfurt, den 14.02.05

Sabine Ernst
(Einrichtungsleitung


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