Jahresbericht 2003
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KINDERTAGESSTÄTTE
"SCHAWORALLE"
Was ist „Schaworalle“ ?
Schaworalle ist eine besondere Kindertagesstätte. Der Name „Schaworalle“
kommt aus dem Romanes und bedeutet „Hallo Kinder“. Der Name ist Programm. Als
bundesweit einmaliges Modellprojekt werden hier ausschließlich Kinder aus
rumänischen Romafamilien betreut.
„Schaworalle“ existiert in dieser Form seit Mitte 1999, konsolidiert, erweitert
und verändert sich Jahr für Jahr. Seit dem Frühjahr 2002 ist Schaworalle in der
Frankfurter Innenstadt angesiedelt.
Kindergarten, Schulprogramm, Mittagessen und ein abwechslungsreiches
Freizeitprogramm am Nachmittag sind die Eckpfeiler der pädagogischen Arbeit. Die
Familienberatung, die Jugendhilfe und ein EU-Beschäftigungsprojekt sind weitere
Angebote des Fördervereins Roma
Die Konzeption von „Schaworalle“ ist nicht theoretisch entstanden, sondern
entwickelte sich aus der dreijährigen Erfahrung des Projektes „Schaworalle“, das
finanziert durch das Jugendamt der Stadt Frankfurt, den Auftrag hatte, sich
insbesondere der längst schulpflichtigen rumänischen Romakinder anzunehmen, die
als „Straßenkinder“ durch Bettelei, Diebstähle, Prostitution aufgefallen sind.
Zu einem Zentrum der Arbeit hat sich in den vergangenen Jahren, orientiert an
der Notwendigkeit, aber auch dem Wunsch der Kinder zu lernen, der Bereich
„kleine Schule“ entwickelt, der Unterricht in „Schaworalle“. Dieses „Herzstück“
zu übernehmen, zu erweitern und zu ergänzen, ist wesentlicher Bestandteil der
Konzeption.
„Schaworalle“ ist auch „Schutzraum“, achtet die Regeln und
Gesetze der Roma und versucht zwischen den Welten der Mehrheit und der
diskriminierten Minderheit durch den Aufbau von Vertrauen zu vermitteln.
Intensive Beziehungsarbeit und ein am Gemeinwesen der Roma orientiertes
pädagogisches Denken sind zentrales Moment der täglichen Arbeit. Ein Schwerpunkt ist uns daher die Arbeit mit den Kindergartenkindern und der Aufbau
einer stabilen Beziehung zu den Müttern.
Hintergründe
Viele, längst schulpflichtige rumänische Romakinder
besuchen die Regelschule sporadisch oder gar nicht. Die Diskrepanz zwischen der
Lernbereitschaft und Motivation der Kinder im Zusammenhang von „Schaworalle“ und
der Tatsache, dass sie, obwohl zum Teil schon sehr lange in Deutschland, der
Schulpflicht kaum Beachtung schenken, zeigt, dass der herkömmliche
Regelschulbetrieb ein Bereich ist, in dem sie ihre Erfahrungswelt, ihre
Geschichte und Sprache nicht wiederfinden.
Der alarmierend hohe Teil von Romajugendlichen ohne
Schulabschluss weist gleichzeitig auf die geringe Chance einer qualifizierten
beruflichen Perspektive hin. Der Teufelskreis von gesellschaftlicher
Ausgrenzung, sozialer Randständigkeit und Verelendung schließt sich.
Schule und Ausbildung werden so zu einem Moment der
Diskriminierung.
Die Erfahrung vieler Romafamilien aus Rumänien ist die
Erfahrung des Lebens in Unsicherheit, der ständigen Sorge um den Lebensunterhalt
der Familie, der Sorge um die gesundheitliche Lage der Familienmitglieder, der
Sorge um Aufenthalt und Wohnung.
Der Lebensunterhalt wird oft „auf der Straße“ verdient, mit
Betteln, dem Verkauf von Obdachlosenzeitungen, kleinen Diebstählen, dem
halblegalen Handel, etc. Schon sehr früh tragen die Kinder mit dazu bei. Die
Lebenserfahrung der Eltern und Großeltern (viele waren selbst nicht in der
Schule) hat sie gelehrt, dass auf die Institutionen der Nicht-Roma („Gadsche“) kein Verlass ist, und dass die entscheidenden Erfahrungen für das
Erwachsenenleben in der Familie und auf der Straße gemacht werden. Die
katastrophale ausländerrechtliche Situation, in der sich viele Familien seit
Jahren befinden, verschärft das Misstrauen.
Ebenso groß ist die Sorge der Eltern, dass der Besuch der Schule „ohne Rücksicht
auf unsere Zweisprachigkeit, auf unsere Erziehung zu Unabhängigkeit, und auf ein
Leben in Herrschaftslosigkeit unsere Kinder von den Familien entfremdet.“ (
Melanie Spitta, aus FR vom 15.04.2000).
Schaworalle versucht, an dieser Schnittstelle anzusetzen.
Die meisten Eltern wünschen sehr wohl für ihre Kinder, dass sie Rechnen,
Schreiben und Lesen lernen, finden sich und ihre Lebensorganisation aber in den
Institutionen der „Gadsche“ nicht wieder und stehen diesen misstrauisch
gegenüber. Oft obliegt es den Kindern selbst, in die Schule zu gehen oder nicht;
es gibt auch Kinder, die den Schulbesuch gegen den Willen der Eltern
durchsetzen. Vielen Kindern fehlen im Einschulalter die „Voraussetzungen“ für
den Schulbesuch. Sie sind in ihrer Muttersprache Romanes sozialisiert worden,
sprechen die Sprache der Mehrheitsgesellschaft wenig oder nicht und haben mit
den spielerischen Tätigkeiten, die andere Kinder im Kindergarten- und
Vorschulbereich lernen, wenig zu tun gehabt.
Immer wieder wird die gleiche Frage gestellt: Warum
brauchen wir für diese Kinder eine eigene Tagesstätte? Ist nicht das Ziel jeder
Bildungsmaßnahme die Integration der Romakinder in die bestehenden Einrichtungen
der Stadt ?
Die Erfolge der letzten Jahre, die Motivation und das
Vertrauen der von uns betreuten Kinder und Familien zeigen, dass in der
Konzeption von Schaworalle und der hier begonnenen Arbeit ein richtiger Ansatz
liegt, auch wenn dieser Ansatz bei weitem nicht der einzig mögliche ist. Denn
gerade wenn die bewusste und gewollte Integration der Roma unter Wahrung der
kulturellen Identität das Ziel ist, bedarf es zunächst der Emanzipation, der
Findung der eigenen Rolle innerhalb der Mehrheitsgesellschaft. Die Tatsache,
dass ausschließlich Romakinder betreut werden, vermittelt Sicherheit, gibt den
Kindern die Möglichkeit, Erfahrungen und Erlebnisse zu artikulieren und zu
reflektieren, die ihrem Leben eigen sind. So ist die Muttersprache Romanes, die
Betreuung in Romanes, aber auch das Klären von Konflikten und Problemen in der
Muttersprache ein unerlässlicher Baustein; zum einen, weil viele Kinder, die
deutsche Sprache nur schlecht beherrschen, zum anderen, weil Sprache Teil
kultureller Identität ist.
Schutz der Kinder und Jugendlichen, Prävention und die
Identität der gesellschaftlichen Minderheit, die Aufklärung und Information nach
außen spielen dabei eine ebenso entscheidende Rolle wie die gemeinsame Suche
nach einer Perspektive, die konkrete individuelle Hilfestellung und die Beratung
der Familien.
Finanzierung, Ausstattung und Personal
Die Kindertagesstätte „Schaworalle“ ist eine für 50 Kinder
im Alter von 3 – 16 Jahren vorgesehene Einrichtung des Fördervereins Roma, die
regulär über das Schulamt der Stadt Frankfurt, das Jugendamt Frankfurt und das
Landesjugendamt finanziert wird. In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation
der von uns betreuten Familien zahlen die Eltern allerdings keinen Beitrag und
auch kein Essensentgelt. Diese Beträge werden vom Frankfurter Jugend- und
Sozialamt übernommen.
Die Räumlichkeiten der Kindertagesstätte erstrecken sich
über zwei Etagen.
Im Erdgeschoss befindet sich der Kindergartenbereich, ein
Musikraum, die Holzwerkstatt, das Leiterinnenbüro, sowie ein kleiner
Aufenthaltsraum mit Durchgang zum Hof, die Küche und der Bewegungsraum, in dem
auch gegessen wird.
Im ersten Stock sind neben dem Personalraum drei
Klassenräume sowie der Computerraum, ein Raum mit einem Billardtisch und ein
kleiner Raum für den Fußballkicker untergebracht.
Es gibt ein zwar kleines, aber schön gestaltetes Außengelände.
Der Standort in der Innenstadt ist optimal erreichbar für
viele Kinder und Familien.
Einige Kinder können zu Fuß kommen, die Möglichkeit für
Aktivitäten außerhalb der Einrichtung z.B. Museumsbesuche sind wesentlich
günstiger. Allerdings bedingt die Nähe zur Zeil auch eine höhere Fluktuation und
viel Besuch.
Die Geschäfts- und Beratungsstelle des Trägers befindet
sich in der gleichen Straße direkt gegenüber.
Das
Team
Das Personal der Kita besteht aus Roma und Nicht-Roma.
So arbeiten zur Zeit bei „Schaworalle“ 9 Personen im
pädagogischen Personal der Kindertagesstätte mit unterschiedlicher Stundenzahl:
Leitung: 1/1 Stelle, Diplompädagogin, Nicht-Roma
Kindergarten: 2 ErzieherInnenstellen verteilt auf 3
Personen, eine davon eine Romni
Hort / Freizeitbereichbereich: 1 Erzieherstelle verteilt
auf zwei Personen, einer davon Rom
eine Sozialpädagogenstelle (2/3),
insbesondere für das Werkstattangebot am Nachmittag, eine ABM Stelle (1/1,
Sozialpädagogin) für den Bereich Computer, 70 % Stelle pädagogische
Mitarbeiterin (Romni)
Das pädagogische Personal wird seit September 2003 ergänzt
durch einen Anerkennungspraktikanten der Fachhochschule für Sozialpädagogik.
Zudem unterstützt uns einmal pro Woche eine pensionierte Lehrerin im Bereich
Basteln / Handarbeiten.
Im Schulbereich von „Schaworalle“ arbeiten zwei Lehrer mit
voller Stundenzahl, eine Grundschullehrerin und seit Sommer 2002 auch ein
Hauptschullehrer (siehe „die kleine Schule“). Die Neubesetzung der Stelle im
Grundschulbereich war ein zentrales Thema in 2003.
Hauswirtschaft: Sowohl in der Küche als auch im Bereich
Reinigung sind Romafrauen aus Rumänien tätig.
„Schaworalle“ beschäftigt einen Zivildienstleistenden,
insbesondere für den Fahrdienst des Kindergartens sowie die wöchentlichen
Großeinkäufe und für kleine hausmeisterliche Tätigkeiten.
In 2003 hatten wir zudem für einige Monate einen
ehrenamtlichen Helfer, der sich um die Bepflanzung des Außengeländes kümmerte.
„Schaworalle“ als
Beschäftigungsinitiative / Brückenbildung
Wie der Personalstand zeigt, arbeiten bei „Schaworalle“
gleichberechtigt Roma und Nicht-Roma. Seit Beginn des Projektes war uns dieser
Bereich sehr wichtig, zum einen, weil die Anwesenheit von Betreuungspersonal des
eigenen Kulturkreises Vertrauen schafft und Zugang zu Lebensrealitäten
ermöglicht, die den „Gadsche“ nicht bekannt sind, zum anderen aber auch, um Roma
dort Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten, wo die Zusammenarbeit mit ihnen auch
entsprechend gewürdigt wird. Es ist uns wichtig, hier Arbeitsplätze zu schaffen,
die sicher und so gut wie möglich bezahlt sind. So arbeiten bei „Schaworalle“
fünf Roma, ein Mann und vier Frauen, mit unterschiedlichen Nationalitäten in
unterschiedlichen Bereichen. Der Hauswirtschaftsbereich (Putzen und Kochen) wird
von Romafrauen aus Rumänien betreut, die pädagogischen Hilfskräfte sind Roma verschiedener Nationalitäten. Die meisten unserer Romamitarbeiter verfügen über
keine formale pädagogische Ausbildung. Im Kindergarten arbeitet von Anfang an
eine Romni aus Mazedonien. Als pädagogische Hilfskraft im Grundschul- und
Freizeitbereich arbeitet eine junge rumänische Romni, die als Kind selbst nie
eine Schule besucht hat. Neben ihrer pädagogischen Tätigkeit in „Schaworalle“
arbeitet sie weiter an ihrer eigenen Fortbildung. Diese Mitarbeiterin, die für
viele Mädchen ein großes Vorbild ist, verfügt über eine Aufenthalts- und
Arbeitserlaubnis, die es ihr ermöglicht, diese Stelle zu besetzen.
Die Stelle für den Muttersprachlichen Unterricht konnte im
Frühjahr 2003 von einem Romamitarbeiter besetzt werden, der über ein
Hochschulstudium im Bereich Theater verfügt, die einzige Radiosendung für Roma
in Deutschland macht und sich intensiv mit Sprache und Geschichte der Roma
auseinandersetzt. Leider steht zu befürchten, dass er die Stelle in 2004
aufgeben wird, da er dreimal wöchentlich aus Köln zur Arbeit angereist kommt
Tagesablauf / Gruppenstruktur
Zur Dynamik von „Schaworalle“ gehört ein flexibler,
niedrigschwelliger, am Gemeinwesen der Roma orientierter Ansatz.
Die Stammgruppe von Schaworalle umfasst ca. 90 Kinder, die
fest angemeldet sind.
Die Regelmäßigkeit, ein Grundproblem der Kinder angesichts
ihrer Lebensorganisation, ist bei der Stammgruppe hoch. Täglich besuchen 40 bis
70 Kinder die Einrichtung. Die meisten Kinder kommen an 3- 4 Tagen in der
Woche und / oder melden sich bei wichtigen Terminen oder Familienereignissen ab.
„Schaworalle“ ist montags bis freitags von 9.00 bis 17.00
Uhr geöffnet.
Am Vormittag von 9.00 bis 13.00 Uhr findet der Betrieb in
vier Gruppen statt:
Es gibt die Kindergartengruppe (12 - 20 anwesende
Kinder) sowie drei Schulgruppen, die Grundstufe (12 – 25 Schüler), die
Mittelstufe (8 – 12 Schüler) und die Hauptstufe ( 8 – 15 Schüler).
„Schaworalle“ öffnet um 9.00 Uhr. Dennoch schaffen es nur
wenige Kinder, ob mit oder ohne Eltern, entsprechend „früh“ aufzustehen. So gibt
es bei den Schulkindern ein Belohnungssystem: Wer zwischen 9.00 und 9.30 kommt,
wird mit einem Sternchen belohnt. Ab fünf Sternchen gibt es ein kleines schulbezogenes Geschenk, z.B. einen Wecker. Die Arbeit in den Gruppen
beginnt um 9.30 Uhr und endet um 13.00 Uhr.
Gleich nach dem Unterricht um 13.00 Uhr gibt es Mittagessen. Das Mittagessen
wird von einer Romni gekocht und orientiert sich
einerseits an traditionellen Gerichten der Roma, andererseits natürlich am
klassischen Kindergeschmack. Es ist uns sehr wichtig, die oft schlecht oder
falsch ernährten Kinder so gesund wie möglich zu versorgen !
Gegessen wird in zwei Gruppen. Die Kindergartenkinder essen
im Kindergarten und für die Schulkinder werden im Bewegungsraum Tische und
Bänke aufgebaut.
Das Nachmittagsangebot ab 14.00 ist altersgemischt und
angebotsorientiert. „Die Kinder von der Straße zu holen“ bedeutet nicht
nur, ihnen Zugang zu Bildung zu ermöglichen, sondern ihnen auch die Möglichkeit
zu geben, jenseits aller materiellen Sorgen „Kind zu sein“, d.h. wie alle
anderen Kinder auch zu spielen und zu toben, Zugang zu kreativen und sportlichen
Angeboten zu haben, Ausflüge zu machen etc.
Der Kindergarten
Der Aufbau einer stabilen und regelmäßigen
Kindergartengruppe gehört zu unseren zentralen Anliegen. Hier musste
Pionierarbeit geleistet werden. Im Gegensatz zum Schulbereich, dessen Anliegen
den meisten Eltern trotz aller Widersprüche wichtig ist, gilt es bei den Roma
als durchaus verpönt, dass kleine Kinder von Personen außerhalb der Familie
betreut werden. So waren die ersten Kindergartenkinder Geschwister, die
„mitgebracht“ wurden und denen es dann so gut im Kindergarten gefiel, dass sie
Eltern und Geschwister immer wieder damit genervt haben, dass sie wiederkommen
wollten. Andere Eltern bekamen vom Sozialamt die Auflage, ihre Kinder in einem
Kindergarten anzumelden oder wurden von betreuenden Personen gebracht.
Verständlicherweise war und ist es dann oft nötig, dass die
Mütter zunächst einige Zeit mit in der Kindergartengruppe verbringen, um zu
sehen, wie es ihren Kleinen dort geht, was mit ihnen gemacht wird etc.
Glücklicherweise konnten wir für diese Arbeit kompetente und erfahrene
ErzieherInnen gewinnen, die, in Kooperation mit einer Roma-Mitarbeiterin die
entscheidende Elternarbeit leisten und das Vertrauen der Familien gewinnen.
Einige der Kindergartenkinder werden von einer Erzieherin
und dem Zivildienstleistenden mit einem Kleinbus von zuhause abgeholt und auch
wieder zurückgebracht. Dieser Fahrdienst ist von wesentlicher Bedeutung für die
Stabilität der Kindergartengruppe.
Die Kindergartengruppe hat sich in 2003 weiter vergrößert
und stabilisiert. Zur Zeit 30 Kinder angemeldet und die Gruppe ist am Rande
ihrer Kapazitäten angelangt.
Inhaltlich beschäftigt
sich die Kindergartengruppe mit all dem, was eben zu einem Kindergarten gehört.
Bis ca.10.30 Uhr, bis alle Buskinder angekommen sind, gibt es Freispiel, d.h. es
wird in der Puppenecke gespielt, mit Bauklötzen gebaut, gemalt, gepuzzelt, auf
dem Hof Roller und Dreirad gefahren oder im Sand gebuddelt. Wenn alle Kinder da
sind, wird gefrühstückt und nach dem Frühstück findet Gruppenarbeit in Form von
Malen, ersten Brettspielen, Basteln oder Vorschulübungen statt.
Bei den
Kindergartenkindern ist es uns wichtig, dass sie die Möglichkeit bekommen, all
das zu lernen, was die größeren Kinder in ihrer Kleinkindzeit verpasst haben:
Unbeschwert spielen, Farben, Jahreszeiten, Malen, Schneiden, Puzzeln, Kleben,
Turnen ... lernen. Hierzu gehört auch das Lernen und Einhalten von
Gruppenregeln, die Erfahrung von angeleitetem Spiel, Sprachförderung, Ausflüge
etc.
Auch im Kindergarten gibt es besondere Angebote:
Holzwerkstatt, Basteln und Handarbeiten, Spielen und Malen am Computer, Singen
und Sport finden einmal pro Woche speziell für die Kindergartenkinder statt.
Leider hat ein Übungsleiter, der in 2003 das Sportangebot
für die Kindergartenkinder durchführte, in 2004 keine Zeit mehr zur Fortsetzung.
Während am Vormittag die Gruppen klar getrennt sind, haben
die Kindergartenkinder am Nachmittag die Möglichkeit, auch an anderen
Angeboten
im Haus teilzunehmen.
Der Übergang zur Schulvorbereitungsgruppe ist fließend. So
gibt es einzelne Kinder im Einschulungsalter oder kurz davor, die an manchen
Vormittagen eine Unterrichtseinheit in der Grundschulgruppe besuchen. Bei der
Hausaufgabengruppe nach dem Mittagessen sind immer einige der größeren
Kindergartenkinder dabei.
In 2003 wurde ein Junge aus der Kindergartengruppe
altersgerecht in die Regelschule eingeschult. Leider musste er einige Monate
später Deutschland verlassen. Auch für das nächste Schuljahr stehen einige
Kinder zur Einschulung an.
Die Hortgruppe
„Die kleine Schule“ und ihre Lehrer
Schaworalle ist auch Schule, die Kinder nennen es die
„kleine Schule“.
Die „kleine Schule“ will Zwischenstation oder Alternative
zur „großen Schule“ (Regelschule) sein, zuständig für all die Kinder, die
aufgrund von Überalterung oder kultureller Konflikte, mangelnder Sprachkenntnis,
häufigem Wohnungswechsel oder einfach aufgrund des Misstrauens der Roma vor der
Institution Schule, diese nicht oder nicht mehr besuchen. Es ist uns wichtig,
den natürlich schulpflichtigen Kindern einen Zugang zu Bildung ermöglichen, den
sie auch annehmen -dürfen und können-, und so
der „Schulpflicht“ ein „Recht auf Bildung“ entgegenzusetzen. Eine
Zielvorstellung dabei ist natürlich die begleitete Einschulung in die
Regelschule. Die Erfahrung der letzten Jahre hat allerdings gezeigt, dass dieser
Schritt für viele Kinder und auch für viele Schulen kein einfacher ist. So ist
und bleibt es die wichtigste Aufgabe, den Kindern eine adäquate
niedrigschwellige Lernatmosphäre anzubieten, in der Verständnis für ihre
besondere Lebenssituation herrscht.
45 Kinder und Jugendliche sind für den Besuch der „kleinen
Schule“ mit Monatsfahrkarten ausgestattet, die über das Stadtschulamt und das
Jugend- und Sozialamt finanziert werden.
In Schaworalle arbeiten zwei vom Staatlichen Schulamt
Frankfurt abgeordnete Lehrer mit voller Stundenzahl, ein Grundschullehrer und
ein Hauptschullehrer.
So sind wir auch in formaler und rechtlicher Hinsicht
anerkannter Unterrichtsort. Die beiden Lehrer sind Schulen zugeordnet, im
Grundschulbereich ist dies die Comeniusschule, im Hauptschulbereich die
Friedrich-Stoltze-Schule. Diese beiden Schulen entsenden im Rahmen des Programms
„Besondere Projekte“ des Staatlichen Schulamtes die Lehrer an „Schaworalle“.
Alle Grundschulkinder sind somit offizielle Comeniusschüler, alle Hauptschüler
Friedrich-Stoltze-Schüler. Die Akten werden in den Schulen geführt. Die Schüler
erhalten zum Ende des Schuljahres zum Zeugnisse mit dem Briefkopf der jeweiligen
Schule. Die Zeugnisse enthalten natürlich den Vermerk, dass die Beschulung im
Rahmen des Projektes Schaworalle erfolgte.
Diese Regelung bedeutet nicht, dass Kinder, die in die
Regelschule eingeschult werden, dann diese Schulen besuchen. Einschulung richtet
sich nach anderen Kriterien (Wohnort etc.) und bedeutet dann Schulwechsel. Wir
sind sehr froh, dass diese beiden Schulen bereit waren, mit uns zu kooperieren.
Leider gab es in 2003 das Problem, dass die Lehrerin, die
über zwei Jahre die Grundschulgruppe unterrichtete, nach den Sommerferien zurück
an ihre Schule ging. Da es dann für eine Neueinstellung in ganz Frankfurt einen
Einstellungsstopp gab, musste die Grundschulgruppe über drei Monate ohne Lehrer
auskommen und wurde von unseren versierten Pädagogen schulisch betreut. Im
November fand sich glücklicherweise ein sehr engagierter Lehrer, der
vorübergehend mit halber Stelle den Unterricht übernahm. Jetzt im Januar 2004
ist sicher, dass die Stelle doch ausgeschrieben wird. Wir hoffen sehr, schnell eine/n geeignete/n Lehrer/in zu finden, die bereit ist, längerfristig mit uns
zusammenzuarbeiten.
Durch die Verfestigung und Professionalisierung des
Schulbetriebes in „Schaworalle“ hat sich der Kontakt zu den „großen“ Schulen
intensiviert und gefestigt. Für die Kinder, die die Regelschule besuchen, und
die ihre Hausaufgaben in Schaworalle machen, fungieren wir als Vermittler
zwischen Schule und Elternhaus. Zur Zeit sind dies sieben Kinder.
Das Thema „Einschulung“ und „regelmäßiger Schulbesuch“ ist,
wie vieles andere auch, in Schaworalle nicht geradlinig.
So haben beispielsweise im 2003 fünf Kinder den Übergang
in die Regelschule gemacht, zwei Kinder in die Grundschule, drei Kinder
in die Hauptschule. Leider hat es nur ein Junge in der Hauptschule relativ
problemlos geschafft, den regelmäßigen Schulbesuch durchzuhalten. Ein
Grundschüler musste mit seiner Familie das Land verlassen, ein Hauptschüler
brach den Schulbesuch ab, nachdem seine Mutter die Ausweisungspapiere bekommen
hatte. Bei zwei weiteren Schulkindern brannte das Haus ab und die Familie zog um
in ein weit entferntes Hotel. Bis zum Bezug einer neuen festen Wohnung und dem
Schulwechsel war Schaworalle Zwischenlösung.
Bei fast allen Schulkindern sind die Themen Aufenthalt und
Wohnungswechsel bzw. Obdachlosigkeit oder Hotelunterbringung, immer wieder die
Bruchstelle.
Die Beschulung in Schaworalle, die Kooperation mit der
Regelschule und die Elternarbeit wird durch die sozialpädagogische Lernhilfe,
die der Förderverein Roma innerhalb der Jugendhilfe anbietet und die u.a. auch
in Schaworalle stattfindet, unterstützt. Zwei Schülerinnen wurde so Anfang 2004
der Weg in die Grundschule ermöglicht.
Schulgruppen /
Unterrichtsorganisation in „Schaworalle“
Unterricht in „Schaworalle“
wird nicht nur von den Lehrern gestaltet. Die pädagogischen
Teams der Gruppen
bestehen aus den ausgebildeten Lehrern, Romamitarbeitern und Sozial- oder
Diplompädagogen/innen, die im Sinne der Einzelförderung tätig sind und / oder im
Unterrichtsbereich besondere Angebote machen (Lernen am Computer, muttersprachlicher Unterricht, „Natur und Technik“, Musik und Kunst)
Der Unterricht findet in zwei Lerneinheiten statt, von
9.30 Uhr bis 11 Uhr und von 11.30 Uhr bis 13 Uhr.
Die Grundschulgruppe
Diese Gruppe von Kindern im Alter von 7 – 11 Jahren
umfasst zur Zeit 28 Schüler.
Die Regelmäßigkeit ist recht hoch, so dass täglich 15 bis
25 Kinder anwesend sind.
Es existieren viele verschiedene Lernniveaus, die durchaus
unabhängig vom Alter der Kinder sind.
Einige Kinder sind noch nicht sehr lange in Deutschland,
sprechen und verstehen nur wenig Deutsch, waren noch niemals in der Schule und
verfügen dementsprechend über wenig Kenntnisse. Andere sind vorübergehend bei
uns (z.B. bei Obdachlosigkeit oder vorübergehender Hotelunterbringung) bzw.
befinden sich nach dem Finden einer Wohnung in der „Warteschleife“ zur nächsten
Einschulung. Wieder andere Kinder sind schon lange in Schaworalle.
Der Stoff umfasst die gesamte Palette des
Grundschulunterrichtes nach dem „Dorfschulprinzip“, d.h. alle vier Klassen
werden in einem Raum an verschiedenen Tischen unterrichtet.
Der Unterricht umfasst insbesondere die Bereiche Deutsch
und Rechnen, einmal wöchentlich gibt es aber auch Lernen am Computer,
Muttersprachlichen Unterricht und Musik.
Während z.B. im Deutschunterricht oder in Sachkunde durch
das Lesen von Texten und Geschichten, das Bearbeiten von Themen und
Arbeitsblättern beim gemeinsamen Malen und Basteln oder beim Lernen von Liedern
eher ein Gruppenunterricht bzw. ein Gruppengespräch möglich ist, bevor die
Kinder je nach Leistungsniveau zur „Stillarbeit“ übergehen, ist der
Rechenunterricht nahezu komplett individualisiert, bzw. kleingruppenorientiert.
Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder,
ihres zum Teil schwierigen Verhaltens und auch der sehr verschiedenen
Konzentrationsfähigkeiten ist die Betreuung dieser Gruppe besonders
personalintensiv. Neben dem Lehrer / der Lehrerin ist meist eine
muttersprachliche Mitarbeiterin und zur Zeit noch ein Praktikant mit in der
Klasse.
Die muttersprachliche Mitarbeiterin, die schon lange in der
Klasse arbeitet, ist für die Kinder die wichtigste Bezugsperson.
Insgesamt wird versucht, die Arbeit so stark wie möglich
den Bedingungen von Schule bzw. Schulklassen anzupassen, d.h. auch entsprechende
Materialien wie Lesebücher, Schreiblernkurse oder Unterlagen aus dem Bereich
„Deutsch als Fremdsprache“ zu verwenden.
Die Mittelstufe
In der Mittelstufe werden diejenigen Kinder (11 – 14
Jahren) unterrichtet, die die Grundschulgruppe erfolgreich absolviert haben,
lesen und schreiben können sowie die Grundrechenarten beherrschen, aber auch
diejenigen neuen Kinder, die im entsprechenden Alter sind. Es wird versucht, den
Unterricht so weit wie eben möglich dem Stoff der fünften / sechsten Klasse
anzupassen. Neben dem Schwerpunkt auf Deutsch und Mathematik und „Weltkunde“, gibt es in der Mittelstufe die Fächer: Muttersprachlichen Unterricht, Englisch,
Kunst, Lernen am Computer sowie „Natur und Technik“, wo es um Grundbegriffe der
Naturwissenschaften geht.
Bis auf einige Ausnahmen, die so oft wie möglich auch
einzeln oder in Kleingruppen gefördert werden, ist die „Mittelstufe“ leistungshomogener als die Grundstufe.
Die Hauptschulgruppe
Hier wird denjenigen Kindern und Jugendlichen ( von
14 – 16 Jahren) ein Bildungsangebot gemacht,
► die schon lange unser Projekt besuchen und bei denen trotz diverser
Versuche kein Besuch in der Regelschule gelungen ist,
► die im eigenen kulturellen Zusammenhang schon „Erwachsene“ sind
und denen die Eltern keinen Schulbesuch mehr erlauben,
►
oder auch diejenigen, die vom Sozialamt oder von
der Jugendgerichtshilfe die Auflage haben, unsere Einrichtung zum Zweck
des Schulbesuchs zu besuchen.
Natürlich gibt es auch hier immer wieder „Schulanfänger“,
die zum Teil noch alphabetisiert werden müssen oder dringend Einzelförderung
benötigen. Diese Schüler werden ein bis zweimal wöchentlich in einer Kleingruppe
betreut.
Der Unterricht in der Hauptstufe und umfasst die gleichen
Fächer wie in der Mittelstufe. So gibt es Rechenunterricht mit
Schwierigkeitsgraden von Klasse 5 bis 7 / 8, Deutschunterricht mit Schwerpunkt
auf verstehendem Lesen und Schreiben sowie Grammatik und Rechtschreibung,
aufgebaut nach selbstentworfenen Materialien oder mit Materialien aus dem
Bereich „Deutsch als Fremdsprache“. Es gibt einen Unterrichtsbereich, der sich
„Weltkunde“ nennt und Sachkundethemen aus Erdkunde, Geschichte, Biologie,
Religion und der Geschichte der Roma und Sinti zum Mittelpunkt, aber auch Themen aus dem Alltag der Kinder und Jugendlichen umfasst. Zusätzliche Fächer
sind auch hier Englisch, Lernen am Computer „Natur und Technik“ und Muttersprachlicher Unterricht.
Der Nachmittag
Nach dem Mittagessen lösen sich die Gruppen
altersgemischt und neigungsorientiert auf. Die Jugendlichen, die aufgrund
von Auflagen das Schulprogramm besuchen, gehen nach einer kurzen Spielphase nach
Hause, die Kinder, die die Regelschule besuchen, kommen zum oder nach den
Mittagessen hinzu.
Von 13.30 bis 15.00 Uhr gibt es täglich das Angebot zur Hausaufgabenhilfe, an der täglich drei bis acht Kinder teilnehmen. Die
Hausaufgaben wurden bis zu den Sommerferien zumeist von der Grundschullehrerin
betreut. Auch andere Kinder, insbesondere die Vorschulkinder, setzen sich oft
dazu, um in Ruhe zu malen, zu spielen oder weiter an ihren Aufgaben zu arbeiten.
Dieser Bereich wollen wir in diesem Jahr auch für die Schulkinder, die in Schaworalle unterrichtet werden, intensivieren.
Neben dem vielfältigen Angebot zum freien Spielen (
Tischfußball, Toben im Bewegungsraum oder auf dem Außengelände, Brettspiele
aller Art, Malen, Basteln etc.), gibt es täglich einige besondere Angebote:
An zwei Nachmittagen hat die Holzwerkstatt geöffnet,
wo die Kinder mit allerlei Werkzeug an zwei Werkbänken lernen, kleine Dinge
(Brettspiele, Kreisel, Schiffe, Autos, Tischtennisschläger etc.) selbst
herzustellen oder auch schon einmal einen zerstörten Stuhl reparieren.
In einem anderen Raum im Erdgeschoss ist die
Musikwerkstatt untergebracht, wo unter
Anleitung mit Trommeln und Orff-Instrumenten rhythmisch
gearbeitet wird. Zudem gibt es Keyboardunterricht (mit Kopfhörern) für Einzelne
und kleine Gruppen.
Besonders beliebt ist dieser Raum als Rückzugsmöglichkeit
zum Tanzen und Musikhören.
Immer wieder werden für ein bis zwei Stunden die neuesten
Romahits aus Rumänien gespielt und groß und klein widmet sich der
Lieblingsbeschäftigung: dem Tanzen.
Zwei bis drei Nachmittage pro Woche kann unter Aufsicht der Billardraum genutzt werden.
Sehr beliebt ist der Computerraum. Hier stehen den
Kindern sechs Rechner zur Verfügung, die neben Schreib- und Malprogrammen mit
einigen Spielen, aber insbesondere mit Lernsoftware ausgestattet sind.
Glücklicherweise konnten wir eine rumänische Pädagogin mit Multi-Media
Zusatzausbildung (auf ABM-Basis) finden, die diesen Raum seit September 2002 entsprechend aufgebaut hat. Fünf der sechs Computer sind Spenden. Neben dem
offenen Angebot zum Spielen und Lernen nachmittags wird der Computerraum auch am
Vormittag für die Schulgruppen genutzt. So ist es unser Ziel, dass alle Kinder
die wichtigsten Grundbegriffe beherrschen, um so den Computer als sinnvolles
Lernmittel nutzen zu können. Die Kinder und Jugendlichen der Mittel- und
Hauptstufe arbeiten dazu ein Programm durch, das sich „PC-Führerschein“ nennt. Auch zur Einzelförderung und Alphabetisierung leisten einige der Lernprogramme
große Dienste.
Täglich nach dem Mittagessen wird der Bewegungsraum
intensiv genutzt. Besonders beliebt war im letzten halben Jahr neben dem
Trampolinspringen das Tischtennisspielen. Täglich war und ist die
Tischtennisplatte hart umkämpft und einige der größeren Jungs haben durchaus
sehr Leistungsfortschritte gemacht. Kurz vor Weihnachten wurde dieser
Entwicklung mit einem ganztägigen Tischtennisturnier für Kinder von 7 bis 15
Jahren Rechnung getragen.
Seit Anfang 2004 besuchen jetzt ca. acht Jungen von 10-13
Jahren einmal wöchentlich mit unserem Hauptschullehrer ein Tischtennistraining
der TG Bornheim, das in Kooperation mit der Friedrich-Stoltze-Schule angeboten
wird.
So sind „zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen“: die am
Training beteiligten Jungs bekommen die Möglichkeit zusammen mit anderen
Kindern leistungsorientiert Sport zu treiben und innerhalb von Schaworalle wird
auch den kleineren Kindern und den Mädchen mehr Gelegenheit gegeben,
Tischtennisspielen zu lernen.
Zu besonderen Anlässen wurde in Schaworalle immer mal
wieder Theater gespielt. Seit Frühjahr 2003 gibt es nun unter Leitung
unseres muttersprachlichen Theaterprofis einmal wöchentlich am Mittwoch einen
Workshop, der sich hauptsächlich an Kinder im Grundschulalter richtet. So lernen
die Kinder u.a. kleine Szenen oder auch Gedichte in der Muttersprache
vorzutragen, beschäftigten sich mit verschiedenen Tänzen und Liedern in Romanes
und zu Weihnachten wurde Schneewittchen als ein wunderschönes kleines
Theaterstück mit Chor und Tanz in Romanes inszeniert, bei dem über zwanzig
Kinder mitwirken konnten. Auch an der üppigen Bühnengestaltung hatten die Kinder
zwei Wochen lang intensiv mitgearbeitet.
Wiedereingeführt haben wir in 2003 die Vollversammlung für
alle Kinder und Mitarbeiter von Schaworalle die „Bari Worba“ (Rom.:“das
große Wort“), die nun einmal monatlich stattfindet.
Hier werden alle anstehenden Themen, wie Pläne für die
nächste Zeit, Erfolge und Konflikte, Regeln und Sanktionen und nicht zuletzt
auch Wünsche und Ideen besprochen.
Ab Januar 2004 werden in der „Bari Worba“ aus jeder
Schulgruppe ein oder zwei Schüler den „besten Schülern des Monats“ ernannt.
Diese kleine Gruppe macht dann zusammen mit einem Betreuer einen besonderen
Ausflug z.B. in die Eissporthalle. Natürlich gibt es auch einen „Schüler des
Monats“ unter den Kindern, die die Regelschule besuchen.
Die „Bari Worba“ knüpft an die Tradition der „cris“ ,der
romainternen Gerichtsverhandlung, an. Sanktionen, die in einer „cris“ vom „crisatori“
(Richter) ausgesprochen werden, werden von den Mitgliedern der Gemeinde sehr
ernst genommen und eingehalten. Da wir einerseits auf dieses, den Kindern
vertraute Instrumentarium zurückgreifen, andererseits aber die Versammlung nicht
nur unter dem Gesichtspunkt der Sanktionierung durchführen wollten, einigten wir
uns auf den Titel „Bari worba“. Die Versammlung wird von den Kindern sehr ernst
genommen.
Jeden letzten Freitag im Monat wird in Schaworalle Geburtstag gefeiert. Alle Kinder, die in diesem Monat Geburtstag hatten,
bekommen ein kleines Geschenk, es gibt Torte und danach werden von klein und
groß zu den aktuellsten Hits die zwei Lieblingsspiele „Luftballontreten“ und die
„Reise nach Jerusalem“ gespielt.
Ausflüge und Ferien
Während der Schulzeit finden in Schaworalle immer wieder
kleine Ausflüge ins Schwimmbad, zum Fahrradfahren an den Main, ins Museum, zu
Ausstellungen, zum Schlittenfahren in Taunus etc. statt.
Ein Höhepunkt war im Dezember der Besuch des Zirkus „Flic-Flac,
für den wir, wie viele andere Einrichtungen Freikarten über das Kinderbüro
bekommen hatten, so dass wir mit einer sehr großen Gruppe ( ca.80 Personen) die
Vorstellung besuchen konnten.
Mehr Zeit für besondere Aktivitäten ist natürlich in den
Ferien. Dann gibt es auch in „Schaworalle“ keinen Unterricht und wir
organisieren für die Kinder und mit ihnen zusammen
ein ganztägiges Ferienprogramm. Neben Spielaktionen und -projekten im
Haus gibt es Ausflüge mit der ganzen Gruppe ins Schwimmbad, in die Lochmühle, in
den Zoo, zum Grillen in den Park, zu den Mainspielen etc.
Die Ferienfreizeit
Jedes Jahr in den Sommerferien fährt „Schaworalle“ eine
Woche „in Urlaub“, ein Höhepunkt im Jahr, nach dem viele Kinder immer wieder
fragen.
Während in den Jahren zuvor immer Selbstversorgerhäuser
ausgewählt wurden, in denen wir mit höchstens einer anderen Gruppe zusammen im
Haus waren, entschieden wir uns in 2003 für eine Jugendherberge mit Vollpension
direkt am Edersee.
Der Ort war für diesen heißen Sommer perfekt gewählt. Fast
alle Aktivitäten konnten zu Fuß erreicht werden, insbesondere natürlich das
Strandbad, das wir täglich mindestens für einen halben Tag besuchten, aber auch
die Burg Waldeck (per Seilbahn), oder auch die Staumauer und der Wildpark, wohin
man mit dem Schiff fahren kann. Einzige Ausnahme bildete ein Ausflug zur
Sommerrodelbahn, wo unser Kleinbus zum Einsatz kam.
Der Aufenthalt in diesem großen, mit vielen Gruppen
vollbelegten Haus verlief relativ reibungslos. Die Kinder hatten sich schnell an
die recht strengen Regeln einer Jugendherberge mit festen Essens- und
Schlafenszeiten, Büffet zum Frühstück und Abendessen im Speisesaal etc. gewöhnt
und die Herbergseltern waren sehr nett und drückten schon mal ein Auge zu, wenn
nicht alles ganz nach Plan verlief. Der Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen
war abgesehen von einigen Konflikten gut und problemlos. Zu einer Gruppe aus
einem Sozialen Brennpunkt in Kassel wurde, insbesondere nach der Kinderdisco am
Mittwochabend, eine recht intensive Freundschaft aufgebaut.
Schon jetzt steht fest: Wenn alles gut geht, fahren wir in
2004 wieder an den Edersee!
Mädchen / Mädchenarbeit
Der Mädchenanteil bei „Schaworalle“ beträgt ca. 50 %.
Im Kindergarten- und Grundschulbereich sind die Jungen oft
in der Überzahl, im Bereich der älteren schulpflichtigen Kinder betreuen wir
auffällig viele Mädchen. Dies hat mehrere Gründe: So gilt bei vielen
Romafamilien Schule und Bildung für Mädchen als weniger wichtig als für Jungen
und ist in der Regel nur bis zum zwölften oder dreizehnten Lebensjahr überhaupt
möglich. Der gemischtgeschlechtliche Zusammenhang z.B. einer Regelschule wird
als Gefahr für die Tochter gesehen, insbesondere dann, wenn keine
Aufsichtsperson aus dem eigenen Kulturkreis anwesend ist. „Schaworalle“
gewährleistet diese Aufsicht durch Geschwister und Betreuer, die Roma sind.
Da die Perspektiven der Mädchen angesichts von Tradition,
Lebenssituation und Chancen auf ein eigenständiges Leben, z.B. in Form von
Berufstätigkeit, sehr gering sind, ist Kindern und Eltern die Zweckhaftigkeit
von Lernen über die Grundkenntnisse hinaus oft schwer vermittelbar.
Dennoch ist in allen Gruppen auffällig, dass die Mädchen
oft diejenigen sind, die schneller Lernerfolge erzielen, sowohl im kognitivem
als auch im psychosozialen Bereich.
Im Gegensatz zur früheren Arbeit wird in den Räumen der
Kindertagesstätte koedukativ gearbeitet, d.h. die Gruppen und Angebote sind
nicht mehr nach Geschlecht sondern nach Alter bzw. Neigung getrennt. Eine
Ausnahme bilden die Tanzgruppen und auch die Ausflüge ins Schwimmbad, die von
den Mädchen sehr geliebt werden.
Die Mutter-Kind-Gruppe / Mama lernt
Deutsch
Montag vormittags trifft sich in Schaworalle eine weitere
Gruppe: die Mutter-Kind-Gruppe. Das Angebot, konzipiert in Zusammenarbeit mit
der Jugendgerichtshilfe und der Bewährungshilfe, richtet sich speziell an junge Romafrauen mit Säuglingen und Kleinkindern, die gemeinnützige Arbeit abzuleisten
haben. Im Durchschnitt nehmen 8-10 Frauen mit jeweils einem bis drei Kindern
regelmäßig das Angebot wahr. Mit der Maßnahme sollen die jungen Mütter, die
zwischen 17 und 25 Jahre alt sind, an die Einrichtung herangeführt werden, aber
auch die Möglichkeit haben, sich bezüglich
Kindererziehung, Gesundheitsvorsorge, sozialer Probleme etc. auszutauschen. Seit
Mai 2002 gibt es für diese Gruppe auch ein Bildungsangebot: „Mama lernt
Deutsch“. „Mama lernt Deutsch“ ist ein Kooperationsprojekt des Amtes für
Multikulturelle Angelegenheiten und der Volkshochschule. Ziel ist die
Alphabetisierung und das Erlernen der deutschen Sprache bei ausländischen
Müttern. Dabei wird für die Kinderbetreuung gesorgt. So sind in „Schaworalle“
seit Mai 2002 zwei der jungen Frauen, die schon lange die Mutter-Kind-Gruppe
besuchen, zusammen mit einer Erzieherin von uns für die Betreuung der
Kleinkinder zuständig, während die übrigen Mütter bei einer Lehrerin der VHS den
Unterricht besuchen. Für die Kinderbetreuung wird eine kleine
Aufwandsentschädigung gezahlt. Die Kosten für den Kurs übernimmt der
Förderverein.
Das Angebot hat sich
bewährt. Zwar ist der Schulraum für die Gruppe recht klein und aufgrund der
vielen Säuglinge geht es auch manchmal recht turbulent zu, dennoch lernen die
meisten Frauen eigentlich gerne und motiviert. Leider sind es auch hier oft die
existentiellen Sorgen, die die Regelmäßigkeit beeinträchtigen.
Elternarbeit / Beratung und Betreuung der Familien
Ein Schwerpunkt der Arbeit des Fördervereins Roma betrifft
die Arbeit mit den Familien, bislang insbesondere die Beratung und Betreuung in
Sachen Existenzsicherung und Aufenthalt. Diese Arbeit wird in der Geschäfts- und
Beratungsstelle des Vereins geleistet. Die Koppelung der beiden Schwerpunkte
Kindertagesstätte und Beratungsstelle hat sich bewährt. Da die Eltern auch ihre
Probleme bzw. die der ganzen Familie in „Schaworalle“ vertreten sehen, fällt der
Zugang und die Identifikation mit der pädagogischen Arbeit leichter. Oft sitzen
Mütter und Väter für einige Zeit am Tisch vor der Küche, trinken einen Kaffee,
interessieren sich für das, was ihre Kinder tun und sind ansprechbar für deren
Probleme und Entwicklungen.
Zu fast allen Eltern bestehen so mehr oder weniger enge
Beziehungen.
Diese Nähe zur Familie hat natürlich auch ihre
Schattenseiten. Es muss gut darauf geachtet werden, dass der pädagogische Alltag
durch die Anwesenheit zu vieler Eltern nicht gestört wird und Konflikte von
Kindern auch Konflikte von Kindern bleiben, die durch das Personal geregelt
werden und nicht durch die anwesenden Eltern.
Natürlich sind die Familien auch bei allen wichtigen
Anlässen oder Festen in „Schaworalle“ anwesend.
Leider ist die konkrete Arbeit an Existenzsicherung und
Aufenthalt nicht immer so erfolgreich wie die Arbeit mit den Kindern und Eltern.
Die Erfolge liegen hier oft nur im Detail, ein Krankenschein hier, eine
verlängerte Duldung da, Sozialhilfe für ein in Deutschland geborenes Kind etc.
Es gelingt oft nicht, die desolate soziale und
ausländerrechtliche Situation der Familien dahingehend zu verändern, dass die
Basis der Kinder für einen einigermaßen gesicherten Ausbildungsweg gegeben ist.
Im Gegenteil ist es aktuell eher der Fall, dass Familien mit Kindern, die schon
sehr lange in Deutschland sind, sehr massiv und konkret von Abschiebung bedroht
sind.
Besonderes in 2003
Im Rahmen eines Kinderfestes wurde im Juni 2003 von Jutta
Ebeling, der Schuldezernentin der Stadt Frankfurt, offiziell der Spielplatz
von Schaworalle eingeweiht. Die Gestaltung des Außengeländes hatte sich
bis in den Winter des Vorjahres hingezogen. Die Spielplatzeröffnung war der
erste Besuch der Schuldezernentin und ihres Referenten in den Räumlichkeiten in
der Stoltzestraße.
Leider hatte die Eröffnung unseres Spielplatzes nicht alle
gefreut. In der ersten Zeit, als die Kinder anfingen, draußen zu spielen, gab es
einige Beschwerden aus der Nachbarschaft. Da sich das Außengelände von
Schaworalle im Hinterhof eines Wohngebietes befindet, ist es leider
unvermeidlich, dass sich einige Nachbarn durch den Kinderlärm gestört fühlen.
Das Team von Schaworalle einigte sich auf ruhebringende Maßnahmen, z.B. die
Abschaffung der Bobbycars für die Kindergartengruppe und die Vermeidung von
Musik während der Mittagszeit. Zudem luden wir die Nachbarn zu einer
Anwohnerversammlung bzgl. des Themas in die Räume von Schaworalle ein. Es
kamen zwar nur wenige Nachbarn, dennoch haben sich die Beschwerden in der
darauffolgenden Zeit sehr reduziert. Zudem gab es auch einige Resonanz von
Nachbarn, für die die Geräusche von spielenden Kindern durchaus keine
Belästigung bedeuten.
Im Sommer 2003 war die Mädchentanzgruppe von Schaworalle
zum Sommerfest der Hundertwasser-KT in Eckenheim eingeladen. Die Tochter
unserer Romamitarbeiterin aus dem Kindergarten hatte dort als Honorarkraft
gearbeitet und erwähnt, dass sie in „Schaworalle“ einige Zeit eine Tanzgruppe
geleitet hat. Auch wenn nur wenige Mädchen aus der eigentlichen Tanzgruppe an
diesem Nachmittag dabei waren, hat es doch allen viel Spaß gemacht.
Ein großes Fest gab es wie immer zu Weihnachten,
diesmal jedoch „unter Ausschluß der Öffentlichkeit“. In den Jahren vorher waren
u.a. Petra Roth, die Frankfurter Oberbürgermeisterin und der Dezernent für
Integration, Herr Dr. Magen zu Gast gewesen.
In 2003 feierten nur Eltern, Kinder und die Belegschaft
von Schaworalle. Die Schulkinderkinder führten das Märchen „Schneewittchen“ in
Romanes („Parni“) auf und die Kindergartengruppe sang unter Leitung des
Dirigenten des Philharmonischen Vereins der Roma und Sinti Weihnachtslieder. Die
Eltern waren sichtlich beeindruckt von den Leistungen ihrer Kinder. Der
Höhepunkt waren natürlich der Weihnachtsmann und die Bescherung.
Wie jedes Jahr war „Schaworalle“ an der Weihnachtsaktion
des Frankfurter Kinderbüros beteiligt (diesmal mit einhundert Wünschen) und die
Kinder waren schon seit Wochen aufgeregt, ob ihr Wunsch sich auch erfüllen
würde.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Kindertagesstätte „Schaworalle ist ein bundesweit
einmaliges Projekt. Die „Sichtbarkeit“ der Arbeit im Gegensatz zu früher, die
Tatsache, dass hier Romakinder wirklich all das tun, was andere Kinder auch
tun, und sich dabei außerordentlich wohl fühlen, hat dazu geführt, dass der
Besuch von Journalisten, aber auch von interessierten Gruppen und
Einzelpersonen seit der Eröffnung im Oktober 1999 nicht abgerissen hat. So gibt
es häufig Termine mit Lehrern, Schulleitern, Sozialpädagogen, die mit Romakindern und –familien arbeiten, Studenten(gruppen), Schulklassen,
Arbeitskreisen, Vertretungen von Ämtern und Institutionen, Fortbildungsgruppen
etc., die sich vor Ort über die Arbeit und insbesondere über die Hintergründe
des Lebens der rumänischen Romafamilien in Frankfurt informieren möchten.
Auch der stadtinterne Arbeitskreis „Roma“ der seitens des Jugendamtes initiiert
wurde, findet in den Räumlichkeiten der Kita statt.
Bei allem Trubel, den dies manchmal mit sich bringt, und
der Gratwanderung, die Besuche nicht zu viel
werden zu lassen, hat sich doch gezeigt, dass die direkte Auseinandersetzung mit
der Arbeit, den Kindern und Familien oft schneller zu mehr Verständnis führt als die rein theoretische Diskussion.
Häufig werden die Mitarbeiter des Fördervereins auch
hinzugezogen zu Schulkonferenzen, Stadtteilarbeitskreisen, Fortbildungen etc.,
um über die Arbeit von Schaworalle und die Lebenssituation der Roma zu
bereichten.
Im Dezember waren bspw. Verteter im Institut für Sonder-und
Heipädagogik an der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität um im Rahmen des
Seminares „Soziale Benachteiligung, Analpabetismus und Medienkompetenz“ über die
Arbeit von Schaworalle und insbesondere die Erfahrungen im Bereich
computerunterstütztes Lernen zu berichten.
Veröffentlichungen
In 2003 gab es wieder einige überregionale
Veröffentlichungen zu „Schaworalle“:
In der bundesweit erscheinenden Zeitschrift des DPWV
„Nachrichten parität“ erschien im April 2003 ein zweiseitiger Artikel über Schaworalle unter dem Titel: „Thema des Monats: Lernen mit der Abschiebung vor
Augen“ sowie ein Artikel über den Förderverein Roma mit der Überschrift:
„Spektrum: Immer noch viele Vorurteile gegen Roma“.
Für die Freiburger Zeitschrift
„Interkulturell“ wurde im Herbst 2003 ein mehrseitiger Artikel über die Arbeit
von Schaworalle und die Arbeit der Beratungsstelle verfasst, der bislang leider
noch nicht erschienen ist.
Für
einen französischen Wettbewerb „Sozialer Journalismus“ verfasste Frau Mael le
Guennec einen sehr schönen Artikel über Schaworalle „a l´ecole des roms“ der
zwar leider den Preis nicht gewann, aber vielleicht in der einen oder anderen
französischen Zeitschrift zur Veröffentlichung kommt.
Im Frühjahr 2003 hat zudem eine Zeitschrift der Caritas
einen Artikel über Schaworalle veröffentlicht.
Im Juli war daraufhin das ZDF zu Gast, um für die
Sendung „Kirche und Leben“, die sonntags vormittags ausgestrahlt wird,
einen kurzen Beitrag zu drehen. Inhalt war das Kurzportrait von Eleonora Caldaras, der rumänischen jungen Romni, die in Schaworalle arbeitet. Das
Portrait ist sehr positiv und stellt die Arbeit von Schaworalle und besonders
die von Frau Caldaras auch entsprechend dar. Der kritische Blick auf das Leben
der Kinder und die massiven Probleme der Familien insbesondere hinsichtlich der
Lebensbedingungen und des Aufenthaltes blieb allerdings völlig. Leider war es
der Redakteurin nicht gelungen, diesen so wichtigen Aspekt mit einzubringen.
Eine ähnliche Anfrage seitens einer Kirchenredaktion von
RTL wurde dann unsererseits abgelehnt.
Für 2004 besteht die Aussicht, dass eine längere und
insbesondere tiefgehendere Dokumentation für den SWR gedreht wird.
Arbeitskreise / Vernetzung
Neben der sehr guten und meist auf die konkrete Situation oder den
Einzelfall bezogenen guten Vernetzung mit diversen städtischen Ämtern und
Institutionen (Stadtschulamt, Sozialamt, Jugendamt, Staatliches Schulamt, AMKA etc.) gibt es zwei große Arbeitskreise, bei denen „Schaworalle“ vertreten
ist. Da ist zunächst der oben schon erwähnte „Arbeitskreis Roma“, der
seitens des Jugendamtes initiiert wurde und bei dem Vertreter diverser
städtischer Ämter (insbesondere der Sozialrathäuser, der Jugendgerichtshilfe,
der Bewährungshilfe etc.) und auch der Polizei wichtige Themen bezüglich der
Situation der in Frankfurt lebenden rumänischen Romafamilien besprechen. Die
Themen betreffen Ausländerrecht und Sozialhilfebezug, Straffälligkeit,
Schulbesuch, aber auch Hintergründe zu Kultur und Lebensorganisation der Roma.
Ziel ist die Ausbildung von Multiplikatoren, die in ihren jeweiligen
Arbeitsbereich die Informationen weitertragen können.
Die gleiche Zielsetzung verfolgt die Fortbildung für
Frankfurter Lehrer, die vom Amt für Multikulturelle Angelegenheiten
initiiert wurde. Neben Hintergrundinformationen steht hier das Thema „Beschulung
von Romakindern“ im Vordergrund, der Austausch über „best practices“, über
den Umgang mit Unregelmäßigkeiten, die Elternarbeit etc. In 2002 wurde
aus diesem Kreis heraus die Broschüre „Dawen Bachtale“ – Zu Fragen der
schulischen Integration von Romakindern“ herausgegeben, die sehr viel
Beachtung findet. „Awen Bachtale“ ist Romanes und heißt soviel wie „Herzlich
Willkommen“.
Die Lehrerfortbildung wird von Vertreterinnen des AMKA, des
Staatlichen Schulamtes und der Leitung von „Schaworalle“ vorbereitet und findet
dreimal jährlich statt.
Eine Veranstaltung im Oktober 2003 fand dabei besondere
Beachtung: eine Podiumsdiskussion, bei der fünf Roma aus verschiedenen
Herkunftsländern ihre Lebensgeschichten vorstellten. Im Mittelpunkt stand die
Frage nach ihren eigenen Schulerfahrungen und danach, wie sie zum Schulbesuch
ihrer Kinder stehen.
Vorausgegangen waren Einzelgespräche mit den drei Frauen
und zwei Männern, die schriftlich festgehalten wurden.
Die unterschiedlichen Biografien waren eine anschauliche
Grundlage für intensive Gespräche mit den anwesenden Lehrern, denen damit ein
neuer Blick auf ihre Fragen zum Thema „Roma und Schule“ eröffnet wurde.
Es wurde deutlich, dass in jeder Geschichte „Schule und
Schulbesuch“ etwas war, das mit Ausgrenzung und Angst zu tun hat. So spiegeln
die Geschichten ein Spektrum von Wegen, mit der Ausgrenzung umzugehen, Wegen,
die von Lebensumständen, die Schulbesuch unmöglich machen, über Vermeiden durch
Fernbleiben bis zur Anpassung durch besondere Leistungen reichen.
Alle sind sich dessen bewusst, dass sie als Roma „anders“
sind, dass sie es damit in der Mehrheitsgesellschaft schwer haben. Armut,
Diskriminierung und insbesondere Flucht oder Migration lassen den Zugang zur
Bildung oft unmöglich erscheinen. Dennoch wünschen sich alle, mit denen wir
gesprochen haben, bessere Bildungschancen für ihre Kinder und bedauern es, wenn
sie sie selbst nicht gehabt oder genutzt haben.
Dieses Spektrum von Lebensgeschichten zu erweitern und
einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen ist unserer Meinung nach ein
interessanter und hilfreicher Weg zu einer besseren Verständigung zwischen Roma
und Gadje und soll 2004 zu einer weiteren Veröffentlichung (Broschüre oder
kleines Buch) führen.
Desweiteren gibt es einen internen Arbeitskreis, der sich
speziell mit der konzeptionellen Entwicklung zum Thema Schule in „Schaworalle“
beschäftigt. Hier sind die zuständigen Vertreter des Stadtschulamtes, des
Staatlichen Schulamtes, des AMKA, des Jugend- und Sozialamt, die Schulleiter der
Kooperationsschulen sowie die Lehrer und die Leitung von Schaworalle zugegen.
Jugendgericht /
Jugendgerichtshilfe
Schaworalle arbeitet eng mit dem Jugendgericht, der
Jugendgerichtshilfe und auch der Bewährungshilfe zusammen, nicht nur bzgl. der
Mama-Kind-Gruppe. Vielen Kindern und Jugendlichen gelingt es nicht den
Teufelskreis von Randständigkeit – Armut - Kriminalität zu durchbrechen und sie
werden straffällig, manche mehr, manche weniger.
Da Zugang zu Bildung und die Anbindung an eine soziale
Einrichtung, die sie in ihrer gesamten Lebenswelt annehmen kann, die einzige und
manchmal auch letzte Chance ist, die viele diese Jugendlichen haben, werden
Schulbesuch oder auch die Ableistungen von Stunden gemeinnütziger Arbeit in
Schaworalle für manche Jungen und Mädchen ab 14 Jahren zur Auflage. Auf die
Einhaltung der Auflagen wird genau geachtet.
Bundes- und
Europaweite Vernetzung
Seit 2002 plant die Stadt Köln ein ähnliches Projekt wie „Schaworalle“
zu organisieren, insbesondere für Kinder und Jugendliche aus Romafamilien, die
im Bereich Kriminalität auffallen. Träger sollte der Rom e.V. sein, ein Verein,
mit dem wir schon sehr lange insbesondere im Bereich Menschenrechts- und
Öffentlichkeitsarbeit kooperieren. Um sich die Arbeit vor Ort anzuschauen gab es
in 2002 und 2003 einige Besuche aus NRW von Vertretern des Paritätischen
Wohlfahrtsverbandes, der Aktionsgemeinschaft „Junge Flüchtlinge“, des
Kinderschutzbundes, des Landesjugendamtes, des Jugendamtes und natürlich des Rom
e.V..
Die Diskussion um diese sogenannten „Klaukinder“ hat sich in 2003 intensiviert.
So gibt es in Köln Stimmen die sich für harte Strafen und restriktive Maßnahmen
wie die geschlossene Heimunterbringung einsetzen. Entsprechende Medienkampagnen
begleiten diese Tendenz.
Im November fand zu diesem Thema ein workshop in Köln mit
dem Titel „Klaukinder-eine Aufgabe für die Jugendhilfe“ statt, bei dem neben
anderen Projekten die Einrichtungsleitung und ein Romamitarbeiter über die
Arbeit von Schaworalle berichteten. Auch wenn sich alle beteiligten
pädagogischen Fachkräfte einig sind darüber, dass eine solche Einrichtung auch
für Köln der richtige Weg ist, sind Realisierung und insbesondere Trägerschaft
und Finanzierung weiterhin in der Diskussion.
Anfang Juli waren die Einrichtungsleiterin von Schaworalle
und eine Romamitarbeiterin beim „Weltkongress der Seelsorge der Zigeuner“ in
Budapest eingeladen, um am „Rundtisch der Zigeuner, Lehrer und Studenten“
zum Thema „Zigeuner und Schule: auftretende Probleme und erzieherische
Vorschläge“ teilzunehmen. Der Vorschlag „Schaworalle“ einzuladen, war von der
Katholischen Zigeunerseelsorge in Köln vermittelt worden. Ursprünglich sollte
ein jugendlicher Schüler mitreisen, was leider aus aufenthaltsrechtlichen
Gründen nicht möglich war. Die Vorstellung unserer Arbeit (der einzige
„weltliche“ Ansatz !) und insbesondere unsere junge rumänische Mitarbeiterin,
die ihren ersten öffentlichen Auftritt dort hatte, fanden viel Beachtung. Es war
leider auch hier zu beobachten, dass sich unter den Teilnehmern nur sehr wenig
Roma befanden.
Arbeits- und Beschäftigungsprojekt für Jugendliche
Seit Sommer 2003 ist der Förderverein in Zusammenarbeit mit
der Roma-Union Grenzland aus Aachen und der RAA Berlin sowie Projekten in Ungarn
und Jugoslawien Träger eines Ausbildungs- und Beschäftigungsprojekt für
Roma-Jugendliche, das über das EU-Programm EQUAL und das Sozialamt Frankfurt
finanziert ist.
Ziel ist es 15 Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine
weitere Schulausbildung mit dem Hauptschulabschluss als Ziel, eine berufliche
Orientierung in Form von Praktika, und eine Weiterbildung in Form von
Computerkursen und Kursen in Handelslehre anzubieten
(detaillierte Projektbeschreibung über die Geschäftsstelle
des Förderverein Roma erhältlich).
Die Jugendlichen erhalten Sozialhilfe plus ein kleines
Entgelt für die geleistete Arbeit.
Die Perspektive, die dieses Projekt den Jugendlichen
bietet, ist eine große Entlastung für Schaworalle. Lange Zeit gab es für
diejenigen, die für den Unterricht in Schaworalle zu alt geworden waren, kein
adäquates Angebot. In Ermangelung von Alternativen besuchten sie unsere
Hauptschulgruppe weiter (bzw. mussten sie aufgrund von Auflagen weiterbesuchen).
Dies hat sich seit Sommer nun geändert. Viele der
Jugendlichen über 16 Jahre, die vorher in Schaworalle waren, nehmen an diesem
Projekt teil.
Last not least
Eine ganz große Sorge, die unsere pädagogische Arbeit immer
wieder belastet und beeinträchtigt ist die ausländerrechtliche Situation vieler
Familien, deren Kinder „Schaworalle“ besuchen. Mit der in 2001 getroffenen
Vereinbarung zwischen Deutschland und Rumänien, die die Rücknahme aller
rumänischen Staatsbürger betrifft, ist die schon lange unsichere Situation dem
Gefühl realer Bedrohung gewichen. Immer wieder werden Leute abgeschoben, oft die
Familienväter alleine, der Rest der Familie bleibt zurück und hofft, dass der
Vater einen Weg findet zurückzukommen.
Andere reisen mit der ganzen Familie aus in die ungewisse
Zukunft nach Rumänien oder ins europäische Ausland und kommen kurz darauf als
„Touristen“ mit einem Visum für drei Monate zurück. Perspektive, Schule,
Wohnung, Existenzsicherung, Krankenversicherung bleiben völlig ungesichert.
In den Familien, aber auch in Schaworalle, wird ständig
darüber gesprochen. Die Familien fürchten ständig, das Land zu verlassen zu
müssen, leben im Vier-Wochen-Rhythmus bis zur Verlängerung der nächsten Duldung,
haben laufende Sorgen mit der Existenzsicherung, hetzen von einem Termin zum
nächsten. Die Situation belastet die Kinder natürlich auch die Kinder erheblich.
Wir Mitarbeiter von Schaworalle können die Bedrohung der
Familien durch die tägliche Zusammenarbeit sehr gut nachvollziehen..
Unsere pädagogische Arbeit erschiene uns fragwürdig, wenn
wir uns nicht um die existentiellen Belange der Familien kümmern würden. Denn
der Teufelskreis beginnt an jedem Ort wieder neu: Vorurteile - Leben auf und
unter dem Existenzminimum- Erwerbslosigkeit – Armut – Bettelei – Kriminalität –
Randständigkeit – Ausgrenzung – Perspektivlosigkeit.
Wir würden uns wünschen, dass die Stadt Frankfurt
Verantwortung gegenüber den Kindern der „Schaworalle“ übernimmt. Die Stadt kann
auf die Ausländerpolitik Einfluss nehmen, damit die rumänischen Romafamilien in
Frankfurt bleiben können !
Frankfurt, den 12.02.2004
Sabine Ernst
(Leitung)
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