Jahresbericht 2003

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KINDERTAGESSTÄTTE "SCHAWORALLE"


Was ist „Schaworalle“ ?

Schaworalle ist eine besondere Kindertagesstätte. Der Name „Schaworalle“ kommt aus dem Romanes und bedeutet „Hallo Kinder“. Der Name ist Programm. Als bundesweit einmaliges Modellprojekt werden hier ausschließlich Kinder aus rumänischen Romafamilien betreut.

„Schaworalle“ existiert in dieser Form seit Mitte 1999, konsolidiert, erweitert und verändert sich Jahr für Jahr. Seit dem Frühjahr 2002 ist Schaworalle in der Frankfurter Innenstadt angesiedelt.

Kindergarten, Schulprogramm, Mittagessen und ein abwechslungsreiches Freizeitprogramm am Nachmittag sind die Eckpfeiler der pädagogischen Arbeit. Die Familienberatung, die Jugendhilfe und ein EU-Beschäftigungsprojekt sind weitere Angebote des Fördervereins Roma

Die Konzeption von „Schaworalle“ ist nicht theoretisch entstanden, sondern entwickelte sich aus der dreijährigen Erfahrung des Projektes „Schaworalle“, das finanziert durch das Jugendamt der Stadt Frankfurt, den Auftrag hatte, sich insbesondere der längst schulpflichtigen rumänischen Romakinder anzunehmen, die als „Straßenkinder“ durch Bettelei, Diebstähle, Prostitution aufgefallen sind.

Zu einem Zentrum der Arbeit hat sich in den vergangenen Jahren, orientiert an der Notwendigkeit, aber auch dem Wunsch der Kinder zu lernen, der Bereich „kleine Schule“ entwickelt, der Unterricht in „Schaworalle“. Dieses „Herzstück“ zu übernehmen, zu erweitern und zu ergänzen, ist wesentlicher Bestandteil der Konzeption.

„Schaworalle“ ist auch „Schutzraum“, achtet die Regeln und Gesetze der Roma und versucht zwischen den Welten der Mehrheit und der diskriminierten Minderheit durch den Aufbau von Vertrauen zu vermitteln. Intensive Beziehungsarbeit und ein am Gemeinwesen der Roma orientiertes pädagogisches Denken sind zentrales Moment der täglichen Arbeit. Ein Schwerpunkt ist uns daher die Arbeit mit den Kindergartenkindern und der Aufbau einer stabilen Beziehung zu den Müttern.


Hintergründe

Viele, längst schulpflichtige rumänische Romakinder besuchen die Regelschule sporadisch oder gar nicht. Die Diskrepanz zwischen der Lernbereitschaft und Motivation der Kinder im Zusammenhang von „Schaworalle“ und der Tatsache, dass sie, obwohl zum Teil schon sehr lange in Deutschland, der Schulpflicht kaum Beachtung schenken, zeigt, dass der herkömmliche Regelschulbetrieb ein Bereich ist, in dem sie ihre Erfahrungswelt, ihre Geschichte und Sprache nicht wiederfinden.

Der alarmierend hohe Teil von Romajugendlichen ohne Schulabschluss weist gleichzeitig auf die geringe Chance einer qualifizierten beruflichen Perspektive hin. Der Teufelskreis von gesellschaftlicher Ausgrenzung, sozialer Randständigkeit und Verelendung schließt sich.
Schule und Ausbildung werden so zu einem Moment der Diskriminierung.

Die Erfahrung vieler Romafamilien aus Rumänien ist die Erfahrung des Lebens in Unsicherheit, der ständigen Sorge um den Lebensunterhalt der Familie, der Sorge um die gesundheitliche Lage der Familienmitglieder, der Sorge um Aufenthalt und Wohnung.
Der Lebensunterhalt wird oft „auf der Straße“ verdient, mit Betteln, dem Verkauf von Obdachlosenzeitungen, kleinen Diebstählen, dem halblegalen Handel, etc. Schon sehr früh tragen die Kinder mit dazu bei. Die Lebenserfahrung der Eltern und Großeltern (viele waren selbst nicht in der Schule) hat sie gelehrt, dass auf die Institutionen der Nicht-Roma („Gadsche“) kein Verlass ist, und dass die entscheidenden Erfahrungen für das Erwachsenenleben in der Familie und auf der Straße gemacht werden. Die katastrophale ausländerrechtliche Situation, in der sich viele Familien seit Jahren befinden, verschärft das Misstrauen.

Ebenso groß ist die Sorge der Eltern, dass der Besuch der Schule „ohne Rücksicht auf unsere Zweisprachigkeit, auf unsere Erziehung zu Unabhängigkeit, und auf ein Leben in Herrschaftslosigkeit unsere Kinder von den Familien entfremdet.“ ( Melanie Spitta, aus FR vom 15.04.2000).

Schaworalle versucht, an dieser Schnittstelle anzusetzen. Die meisten Eltern wünschen sehr wohl für ihre Kinder, dass sie Rechnen, Schreiben und Lesen lernen, finden sich und ihre Lebensorganisation aber in den Institutionen der „Gadsche“ nicht wieder und stehen diesen misstrauisch gegenüber. Oft obliegt es den Kindern selbst, in die Schule zu gehen oder nicht; es gibt auch Kinder, die den Schulbesuch gegen den Willen der Eltern durchsetzen. Vielen Kindern fehlen im Einschulalter die „Voraussetzungen“ für den Schulbesuch. Sie sind in ihrer Muttersprache Romanes sozialisiert worden, sprechen die Sprache der Mehrheitsgesellschaft wenig oder nicht und haben mit den spielerischen Tätigkeiten, die andere Kinder im Kindergarten- und Vorschulbereich lernen, wenig zu tun gehabt.

Immer wieder wird die gleiche Frage gestellt: Warum brauchen wir für diese Kinder eine eigene Tagesstätte? Ist nicht das Ziel jeder Bildungsmaßnahme die Integration der Romakinder in die bestehenden Einrichtungen der Stadt ?

Die Erfolge der letzten Jahre, die Motivation und das Vertrauen der von uns betreuten Kinder und Familien zeigen, dass in der Konzeption von Schaworalle und der hier begonnenen Arbeit ein richtiger Ansatz liegt, auch wenn dieser Ansatz bei weitem nicht der einzig mögliche ist. Denn gerade wenn die bewusste und gewollte Integration der Roma unter Wahrung der kulturellen Identität das Ziel ist, bedarf es zunächst der Emanzipation, der Findung der eigenen Rolle innerhalb der Mehrheitsgesellschaft. Die Tatsache, dass ausschließlich Romakinder betreut werden, vermittelt Sicherheit, gibt den Kindern die Möglichkeit, Erfahrungen und Erlebnisse zu artikulieren und zu reflektieren, die ihrem Leben eigen sind. So ist die Muttersprache Romanes, die Betreuung in Romanes, aber auch das Klären von Konflikten und Problemen in der Muttersprache ein unerlässlicher Baustein; zum einen, weil viele Kinder, die deutsche Sprache nur schlecht beherrschen, zum anderen, weil Sprache Teil kultureller Identität ist.
Schutz der Kinder und Jugendlichen, Prävention und die Identität der gesellschaftlichen Minderheit, die Aufklärung und Information nach außen spielen dabei eine ebenso entscheidende Rolle wie die gemeinsame Suche nach einer Perspektive, die konkrete individuelle Hilfestellung und die Beratung der Familien.


Finanzierung, Ausstattung und Personal

Die Kindertagesstätte „Schaworalle“ ist eine für 50 Kinder im Alter von 3 – 16 Jahren vorgesehene Einrichtung des Fördervereins Roma, die regulär über das Schulamt der Stadt Frankfurt, das Jugendamt Frankfurt und das Landesjugendamt finanziert wird. In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation der von uns betreuten Familien zahlen die Eltern allerdings keinen Beitrag und auch kein Essensentgelt. Diese Beträge werden vom Frankfurter Jugend- und Sozialamt übernommen.

Die Räumlichkeiten der Kindertagesstätte erstrecken sich über zwei Etagen.
Im Erdgeschoss befindet sich der Kindergartenbereich, ein Musikraum, die Holzwerkstatt, das Leiterinnenbüro, sowie ein kleiner Aufenthaltsraum mit Durchgang zum Hof, die Küche und der Bewegungsraum, in dem auch gegessen wird.
Im ersten Stock sind neben dem Personalraum drei Klassenräume sowie der Computerraum, ein Raum mit einem Billardtisch und ein kleiner Raum für den Fußballkicker untergebracht.

Es gibt ein zwar kleines, aber schön gestaltetes Außengelände.

Der Standort in der Innenstadt ist optimal erreichbar für viele Kinder und Familien.
Einige Kinder können zu Fuß kommen, die Möglichkeit für Aktivitäten außerhalb der Einrichtung z.B. Museumsbesuche sind wesentlich günstiger. Allerdings bedingt die Nähe zur Zeil auch eine höhere Fluktuation und viel Besuch.

Die Geschäfts- und Beratungsstelle des Trägers befindet sich in der gleichen Straße direkt gegenüber.


Das Team

Das Personal der Kita besteht aus Roma und Nicht-Roma.

So arbeiten zur Zeit bei „Schaworalle“ 9 Personen im pädagogischen Personal der Kindertagesstätte mit unterschiedlicher Stundenzahl:
Leitung: 1/1 Stelle, Diplompädagogin, Nicht-Roma
Kindergarten: 2 ErzieherInnenstellen verteilt auf 3 Personen, eine davon eine Romni
Hort / Freizeitbereichbereich: 1 Erzieherstelle verteilt auf zwei Personen, einer davon Rom
eine Sozialpädagogenstelle (2/3), insbesondere für das Werkstattangebot am Nachmittag, eine ABM Stelle (1/1, Sozialpädagogin) für den Bereich Computer, 70 % Stelle pädagogische Mitarbeiterin (Romni)

Das pädagogische Personal wird seit September 2003 ergänzt durch einen Anerkennungspraktikanten der Fachhochschule für Sozialpädagogik. Zudem unterstützt uns einmal pro Woche eine pensionierte Lehrerin im Bereich Basteln / Handarbeiten.

Im Schulbereich von „Schaworalle“ arbeiten zwei Lehrer mit voller Stundenzahl, eine Grundschullehrerin und seit Sommer 2002 auch ein Hauptschullehrer (siehe „die kleine Schule“). Die Neubesetzung der Stelle im Grundschulbereich war ein zentrales Thema in 2003.

Hauswirtschaft: Sowohl in der Küche als auch im Bereich Reinigung sind Romafrauen aus Rumänien tätig.

„Schaworalle“ beschäftigt einen Zivildienstleistenden, insbesondere für den Fahrdienst des Kindergartens sowie die wöchentlichen Großeinkäufe und für kleine hausmeisterliche Tätigkeiten.

In 2003 hatten wir zudem für einige Monate einen ehrenamtlichen Helfer, der sich um die Bepflanzung des Außengeländes kümmerte.


„Schaworalle“ als Beschäftigungsinitiative / Brückenbildung

Wie der Personalstand zeigt, arbeiten bei „Schaworalle“ gleichberechtigt Roma und Nicht-Roma. Seit Beginn des Projektes war uns dieser Bereich sehr wichtig, zum einen, weil die Anwesenheit von Betreuungspersonal des eigenen Kulturkreises Vertrauen schafft und Zugang zu Lebensrealitäten ermöglicht, die den „Gadsche“ nicht bekannt sind, zum anderen aber auch, um Roma dort Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten, wo die Zusammenarbeit mit ihnen auch entsprechend gewürdigt wird. Es ist uns wichtig, hier Arbeitsplätze zu schaffen, die sicher und so gut wie möglich bezahlt sind. So arbeiten bei „Schaworalle“ fünf Roma, ein Mann und vier Frauen, mit unterschiedlichen Nationalitäten in unterschiedlichen Bereichen. Der Hauswirtschaftsbereich (Putzen und Kochen) wird von Romafrauen aus Rumänien betreut, die pädagogischen Hilfskräfte sind Roma verschiedener Nationalitäten. Die meisten unserer Romamitarbeiter verfügen über keine formale pädagogische Ausbildung. Im Kindergarten arbeitet von Anfang an eine Romni aus Mazedonien. Als pädagogische Hilfskraft im Grundschul- und Freizeitbereich arbeitet eine junge rumänische Romni, die als Kind selbst nie eine Schule besucht hat. Neben ihrer pädagogischen Tätigkeit in „Schaworalle“ arbeitet sie weiter an ihrer eigenen Fortbildung. Diese Mitarbeiterin, die für viele Mädchen ein großes Vorbild ist, verfügt über eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, die es ihr ermöglicht, diese Stelle zu besetzen.
Die Stelle für den Muttersprachlichen Unterricht konnte im Frühjahr 2003 von einem Romamitarbeiter besetzt werden, der über ein Hochschulstudium im Bereich Theater verfügt, die einzige Radiosendung für Roma in Deutschland macht und sich intensiv mit Sprache und Geschichte der Roma auseinandersetzt. Leider steht zu befürchten, dass er die Stelle in 2004 aufgeben wird, da er dreimal wöchentlich aus Köln zur Arbeit angereist kommt


Tagesablauf / Gruppenstruktur

Zur Dynamik von „Schaworalle“ gehört ein flexibler, niedrigschwelliger, am Gemeinwesen der Roma orientierter Ansatz.

Die Stammgruppe von Schaworalle umfasst ca. 90 Kinder, die fest angemeldet sind.
Die Regelmäßigkeit, ein Grundproblem der Kinder angesichts ihrer Lebensorganisation, ist bei der Stammgruppe hoch. Täglich besuchen 40 bis 70 Kinder die Einrichtung. Die meisten Kinder kommen an 3- 4 Tagen in der Woche und / oder melden sich bei wichtigen Terminen oder Familienereignissen ab.

„Schaworalle“ ist montags bis freitags von 9.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.

Am Vormittag von 9.00 bis 13.00 Uhr findet der Betrieb in vier Gruppen statt:
Es gibt die Kindergartengruppe (12 - 20 anwesende Kinder) sowie drei Schulgruppen, die Grundstufe (12 – 25 Schüler), die Mittelstufe (8 – 12 Schüler) und die Hauptstufe ( 8 – 15 Schüler).

„Schaworalle“ öffnet um 9.00 Uhr. Dennoch schaffen es nur wenige Kinder, ob mit oder ohne Eltern, entsprechend „früh“ aufzustehen. So gibt es bei den Schulkindern ein Belohnungssystem: Wer zwischen 9.00 und 9.30 kommt, wird mit einem Sternchen belohnt. Ab fünf Sternchen gibt es ein kleines schulbezogenes Geschenk, z.B. einen Wecker. Die Arbeit in den Gruppen beginnt um 9.30 Uhr und endet um 13.00 Uhr.

Gleich nach dem Unterricht um 13.00 Uhr gibt es Mittagessen. Das Mittagessen wird von einer Romni gekocht und orientiert sich einerseits an traditionellen Gerichten der Roma, andererseits natürlich am klassischen Kindergeschmack. Es ist uns sehr wichtig, die oft schlecht oder falsch ernährten Kinder so gesund wie möglich zu versorgen !
Gegessen wird in zwei Gruppen. Die Kindergartenkinder essen im Kindergarten und für die Schulkinder werden im Bewegungsraum Tische und Bänke aufgebaut.

Das Nachmittagsangebot ab 14.00 ist altersgemischt und angebotsorientiert. „Die Kinder von der Straße zu holen“ bedeutet nicht nur, ihnen Zugang zu Bildung zu ermöglichen, sondern ihnen auch die Möglichkeit zu geben, jenseits aller materiellen Sorgen „Kind zu sein“, d.h. wie alle anderen Kinder auch zu spielen und zu toben, Zugang zu kreativen und sportlichen Angeboten zu haben, Ausflüge zu machen etc.


Der Kindergarten

Der Aufbau einer stabilen und regelmäßigen Kindergartengruppe gehört zu unseren zentralen Anliegen. Hier musste Pionierarbeit geleistet werden. Im Gegensatz zum Schulbereich, dessen Anliegen den meisten Eltern trotz aller Widersprüche wichtig ist, gilt es bei den Roma als durchaus verpönt, dass kleine Kinder von Personen außerhalb der Familie betreut werden. So waren die ersten Kindergartenkinder Geschwister, die „mitgebracht“ wurden und denen es dann so gut im Kindergarten gefiel, dass sie Eltern und Geschwister immer wieder damit genervt haben, dass sie wiederkommen wollten. Andere Eltern bekamen vom Sozialamt die Auflage, ihre Kinder in einem Kindergarten anzumelden oder wurden von betreuenden Personen gebracht.
Verständlicherweise war und ist es dann oft nötig, dass die Mütter zunächst einige Zeit mit in der Kindergartengruppe verbringen, um zu sehen, wie es ihren Kleinen dort geht, was mit ihnen gemacht wird etc. Glücklicherweise konnten wir für diese Arbeit kompetente und erfahrene ErzieherInnen gewinnen, die, in Kooperation mit einer Roma-Mitarbeiterin die entscheidende Elternarbeit leisten und das Vertrauen der Familien gewinnen.
Einige der Kindergartenkinder werden von einer Erzieherin und dem Zivildienstleistenden mit einem Kleinbus von zuhause abgeholt und auch wieder zurückgebracht. Dieser Fahrdienst ist von wesentlicher Bedeutung für die Stabilität der Kindergartengruppe.

Die Kindergartengruppe hat sich in 2003 weiter vergrößert und stabilisiert. Zur Zeit 30 Kinder angemeldet und die Gruppe ist am Rande ihrer Kapazitäten angelangt.

Inhaltlich beschäftigt sich die Kindergartengruppe mit all dem, was eben zu einem Kindergarten gehört. Bis ca.10.30 Uhr, bis alle Buskinder angekommen sind, gibt es Freispiel, d.h. es wird in der Puppenecke gespielt, mit Bauklötzen gebaut, gemalt, gepuzzelt, auf dem Hof Roller und Dreirad gefahren oder im Sand gebuddelt. Wenn alle Kinder da sind, wird gefrühstückt und nach dem Frühstück findet Gruppenarbeit in Form von Malen, ersten Brettspielen, Basteln oder Vorschulübungen statt.

Bei den Kindergartenkindern ist es uns wichtig, dass sie die Möglichkeit bekommen, all das zu lernen, was die größeren Kinder in ihrer Kleinkindzeit verpasst haben: Unbeschwert spielen, Farben, Jahreszeiten, Malen, Schneiden, Puzzeln, Kleben, Turnen ... lernen. Hierzu gehört auch das Lernen und Einhalten von Gruppenregeln, die Erfahrung von angeleitetem Spiel, Sprachförderung, Ausflüge etc.
Auch im Kindergarten gibt es besondere Angebote: Holzwerkstatt, Basteln und Handarbeiten, Spielen und Malen am Computer, Singen und Sport finden einmal pro Woche speziell für die Kindergartenkinder statt.
Leider hat ein Übungsleiter, der in 2003 das Sportangebot für die Kindergartenkinder durchführte, in 2004 keine Zeit mehr zur Fortsetzung.

Während am Vormittag die Gruppen klar getrennt sind, haben die Kindergartenkinder am Nachmittag die Möglichkeit, auch an anderen
Angeboten im Haus teilzunehmen.

Der Übergang zur Schulvorbereitungsgruppe ist fließend. So gibt es einzelne Kinder im Einschulungsalter oder kurz davor, die an manchen Vormittagen eine Unterrichtseinheit in der Grundschulgruppe besuchen. Bei der Hausaufgabengruppe nach dem Mittagessen sind immer einige der größeren Kindergartenkinder dabei.

In 2003 wurde ein Junge aus der Kindergartengruppe altersgerecht in die Regelschule eingeschult. Leider musste er einige Monate später Deutschland verlassen. Auch für das nächste Schuljahr stehen einige Kinder zur Einschulung an.


Die Hortgruppe

„Die kleine Schule“ und ihre Lehrer

Schaworalle ist auch Schule, die Kinder nennen es die „kleine Schule“.
Die „kleine Schule“ will Zwischenstation oder Alternative zur „großen Schule“ (Regelschule) sein, zuständig für all die Kinder, die aufgrund von Überalterung oder kultureller Konflikte, mangelnder Sprachkenntnis, häufigem Wohnungswechsel oder einfach aufgrund des Misstrauens der Roma vor der Institution Schule, diese nicht oder nicht mehr besuchen. Es ist uns wichtig, den natürlich schulpflichtigen Kindern einen Zugang zu Bildung ermöglichen, den sie auch annehmen -dürfen und können-, und so der „Schulpflicht“ ein „Recht auf Bildung“ entgegenzusetzen. Eine Zielvorstellung dabei ist natürlich die begleitete Einschulung in die Regelschule. Die Erfahrung der letzten Jahre hat allerdings gezeigt, dass dieser Schritt für viele Kinder und auch für viele Schulen kein einfacher ist. So ist und bleibt es die wichtigste Aufgabe, den Kindern eine adäquate niedrigschwellige Lernatmosphäre anzubieten, in der Verständnis für ihre besondere Lebenssituation herrscht.

45 Kinder und Jugendliche sind für den Besuch der „kleinen Schule“ mit Monatsfahrkarten ausgestattet, die über das Stadtschulamt und das Jugend- und Sozialamt finanziert werden.

In Schaworalle arbeiten zwei vom Staatlichen Schulamt Frankfurt abgeordnete Lehrer mit voller Stundenzahl, ein Grundschullehrer und ein Hauptschullehrer.
So sind wir auch in formaler und rechtlicher Hinsicht anerkannter Unterrichtsort. Die beiden Lehrer sind Schulen zugeordnet, im Grundschulbereich ist dies die Comeniusschule, im Hauptschulbereich die Friedrich-Stoltze-Schule. Diese beiden Schulen entsenden im Rahmen des Programms „Besondere Projekte“ des Staatlichen Schulamtes die Lehrer an „Schaworalle“. Alle Grundschulkinder sind somit offizielle Comeniusschüler, alle Hauptschüler Friedrich-Stoltze-Schüler. Die Akten werden in den Schulen geführt. Die Schüler erhalten zum Ende des Schuljahres zum Zeugnisse mit dem Briefkopf der jeweiligen Schule. Die Zeugnisse enthalten natürlich den Vermerk, dass die Beschulung im Rahmen des Projektes Schaworalle erfolgte.

Diese Regelung bedeutet nicht, dass Kinder, die in die Regelschule eingeschult werden, dann diese Schulen besuchen. Einschulung richtet sich nach anderen Kriterien (Wohnort etc.) und bedeutet dann Schulwechsel. Wir sind sehr froh, dass diese beiden Schulen bereit waren, mit uns zu kooperieren.

Leider gab es in 2003 das Problem, dass die Lehrerin, die über zwei Jahre die Grundschulgruppe unterrichtete, nach den Sommerferien zurück an ihre Schule ging. Da es dann für eine Neueinstellung in ganz Frankfurt einen Einstellungsstopp gab, musste die Grundschulgruppe über drei Monate ohne Lehrer auskommen und wurde von unseren versierten Pädagogen schulisch betreut. Im November fand sich glücklicherweise ein sehr engagierter Lehrer, der vorübergehend mit halber Stelle den Unterricht übernahm. Jetzt im Januar 2004 ist sicher, dass die Stelle doch ausgeschrieben wird. Wir hoffen sehr, schnell eine/n geeignete/n Lehrer/in zu finden, die bereit ist, längerfristig mit uns zusammenzuarbeiten.

Durch die Verfestigung und Professionalisierung des Schulbetriebes in „Schaworalle“ hat sich der Kontakt zu den „großen“ Schulen intensiviert und gefestigt. Für die Kinder, die die Regelschule besuchen, und die ihre Hausaufgaben in Schaworalle machen, fungieren wir als Vermittler zwischen Schule und Elternhaus. Zur Zeit sind dies sieben Kinder.
Das Thema „Einschulung“ und „regelmäßiger Schulbesuch“ ist, wie vieles andere auch, in Schaworalle nicht geradlinig.
So haben beispielsweise im 2003 fünf Kinder den Übergang in die Regelschule gemacht, zwei Kinder in die Grundschule, drei Kinder in die Hauptschule. Leider hat es nur ein Junge in der Hauptschule relativ problemlos geschafft, den regelmäßigen Schulbesuch durchzuhalten. Ein Grundschüler musste mit seiner Familie das Land verlassen, ein Hauptschüler brach den Schulbesuch ab, nachdem seine Mutter die Ausweisungspapiere bekommen hatte. Bei zwei weiteren Schulkindern brannte das Haus ab und die Familie zog um in ein weit entferntes Hotel. Bis zum Bezug einer neuen festen Wohnung und dem Schulwechsel war Schaworalle Zwischenlösung.

Bei fast allen Schulkindern sind die Themen Aufenthalt und Wohnungswechsel bzw. Obdachlosigkeit oder Hotelunterbringung, immer wieder die Bruchstelle.

Die Beschulung in Schaworalle, die Kooperation mit der Regelschule und die Elternarbeit wird durch die sozialpädagogische Lernhilfe, die der Förderverein Roma innerhalb der Jugendhilfe anbietet und die u.a. auch in Schaworalle stattfindet, unterstützt. Zwei Schülerinnen wurde so Anfang 2004 der Weg in die Grundschule ermöglicht.


Schulgruppen / Unterrichtsorganisation in „Schaworalle“

Unterricht in „Schaworalle“ wird nicht nur von den Lehrern gestaltet. Die pädagogischen
Teams der Gruppen bestehen aus den ausgebildeten Lehrern, Romamitarbeitern und Sozial- oder Diplompädagogen/innen, die im Sinne der Einzelförderung tätig sind und / oder im Unterrichtsbereich besondere Angebote machen (Lernen am Computer, muttersprachlicher Unterricht, „Natur und Technik“, Musik und Kunst)

Der Unterricht findet in zwei Lerneinheiten statt, von 9.30 Uhr bis 11 Uhr und von 11.30 Uhr bis 13 Uhr.

Die Grundschulgruppe

Diese Gruppe von Kindern im Alter von 7 – 11 Jahren umfasst zur Zeit 28 Schüler.
Die Regelmäßigkeit ist recht hoch, so dass täglich 15 bis 25 Kinder anwesend sind.
Es existieren viele verschiedene Lernniveaus, die durchaus unabhängig vom Alter der Kinder sind.

Einige Kinder sind noch nicht sehr lange in Deutschland, sprechen und verstehen nur wenig Deutsch, waren noch niemals in der Schule und verfügen dementsprechend über wenig Kenntnisse. Andere sind vorübergehend bei uns (z.B. bei Obdachlosigkeit oder vorübergehender Hotelunterbringung) bzw. befinden sich nach dem Finden einer Wohnung in der „Warteschleife“ zur nächsten Einschulung. Wieder andere Kinder sind schon lange in Schaworalle.

Der Stoff umfasst die gesamte Palette des Grundschulunterrichtes nach dem „Dorfschulprinzip“, d.h. alle vier Klassen werden in einem Raum an verschiedenen Tischen unterrichtet.

Der Unterricht umfasst insbesondere die Bereiche Deutsch und Rechnen, einmal wöchentlich gibt es aber auch Lernen am Computer, Muttersprachlichen Unterricht und Musik.
Während z.B. im Deutschunterricht oder in Sachkunde durch das Lesen von Texten und Geschichten, das Bearbeiten von Themen und Arbeitsblättern beim gemeinsamen Malen und Basteln oder beim Lernen von Liedern eher ein Gruppenunterricht bzw. ein Gruppengespräch möglich ist, bevor die Kinder je nach Leistungsniveau zur „Stillarbeit“ übergehen, ist der Rechenunterricht nahezu komplett individualisiert, bzw. kleingruppenorientiert.

Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder, ihres zum Teil schwierigen Verhaltens und auch der sehr verschiedenen Konzentrationsfähigkeiten ist die Betreuung dieser Gruppe besonders personalintensiv. Neben dem Lehrer / der Lehrerin ist meist eine muttersprachliche Mitarbeiterin und zur Zeit noch ein Praktikant mit in der Klasse.

Die muttersprachliche Mitarbeiterin, die schon lange in der Klasse arbeitet, ist für die Kinder die wichtigste Bezugsperson.

Insgesamt wird versucht, die Arbeit so stark wie möglich den Bedingungen von Schule bzw. Schulklassen anzupassen, d.h. auch entsprechende Materialien wie Lesebücher, Schreiblernkurse oder Unterlagen aus dem Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ zu verwenden.

Die Mittelstufe

In der Mittelstufe werden diejenigen Kinder (11 – 14 Jahren) unterrichtet, die die Grundschulgruppe erfolgreich absolviert haben, lesen und schreiben können sowie die Grundrechenarten beherrschen, aber auch diejenigen neuen Kinder, die im entsprechenden Alter sind. Es wird versucht, den Unterricht so weit wie eben möglich dem Stoff der fünften / sechsten Klasse anzupassen. Neben dem Schwerpunkt auf Deutsch und Mathematik und „Weltkunde“, gibt es in der Mittelstufe die Fächer: Muttersprachlichen Unterricht, Englisch, Kunst, Lernen am Computer sowie „Natur und Technik“, wo es um Grundbegriffe der Naturwissenschaften geht.

Bis auf einige Ausnahmen, die so oft wie möglich auch einzeln oder in Kleingruppen gefördert werden, ist die „Mittelstufe“ leistungshomogener als die Grundstufe.

Die Hauptschulgruppe

Hier wird denjenigen Kindern und Jugendlichen ( von 14 – 16 Jahren) ein Bildungsangebot gemacht,
die schon lange unser Projekt besuchen und bei denen trotz diverser Versuche kein Besuch in der Regelschule gelungen ist,

 die im eigenen kulturellen Zusammenhang schon „Erwachsene“ sind und denen die Eltern keinen Schulbesuch mehr erlauben,

oder auch diejenigen, die vom Sozialamt oder von der Jugendgerichtshilfe die Auflage haben, unsere Einrichtung zum Zweck des Schulbesuchs zu besuchen.

Natürlich gibt es auch hier immer wieder „Schulanfänger“, die zum Teil noch alphabetisiert werden müssen oder dringend Einzelförderung benötigen. Diese Schüler werden ein bis zweimal wöchentlich in einer Kleingruppe betreut.

Der Unterricht in der Hauptstufe und umfasst die gleichen Fächer wie in der Mittelstufe. So gibt es Rechenunterricht mit Schwierigkeitsgraden von Klasse 5 bis 7 / 8, Deutschunterricht mit Schwerpunkt auf verstehendem Lesen und Schreiben sowie Grammatik und Rechtschreibung, aufgebaut nach selbstentworfenen Materialien oder mit Materialien aus dem Bereich „Deutsch als Fremdsprache“. Es gibt einen Unterrichtsbereich, der sich „Weltkunde“ nennt und Sachkundethemen aus Erdkunde, Geschichte, Biologie, Religion und der Geschichte der Roma und Sinti zum Mittelpunkt, aber auch Themen aus dem Alltag der Kinder und Jugendlichen umfasst. Zusätzliche Fächer sind auch hier Englisch, Lernen am Computer „Natur und Technik“ und Muttersprachlicher Unterricht.


Der Nachmittag

Nach dem Mittagessen lösen sich die Gruppen altersgemischt und neigungsorientiert auf. Die Jugendlichen, die aufgrund von Auflagen das Schulprogramm besuchen, gehen nach einer kurzen Spielphase nach Hause, die Kinder, die die Regelschule besuchen, kommen zum oder nach den Mittagessen hinzu.

Von 13.30 bis 15.00 Uhr gibt es täglich das Angebot zur Hausaufgabenhilfe, an der täglich drei bis acht Kinder teilnehmen. Die Hausaufgaben wurden bis zu den Sommerferien zumeist von der Grundschullehrerin betreut. Auch andere Kinder, insbesondere die Vorschulkinder, setzen sich oft dazu, um in Ruhe zu malen, zu spielen oder weiter an ihren Aufgaben zu arbeiten. Dieser Bereich wollen wir in diesem Jahr auch für die Schulkinder, die in Schaworalle unterrichtet werden, intensivieren.

Neben dem vielfältigen Angebot zum freien Spielen ( Tischfußball, Toben im Bewegungsraum oder auf dem Außengelände, Brettspiele aller Art, Malen, Basteln etc.), gibt es täglich einige besondere Angebote:

An zwei Nachmittagen hat die Holzwerkstatt geöffnet, wo die Kinder mit allerlei Werkzeug an zwei Werkbänken lernen, kleine Dinge (Brettspiele, Kreisel, Schiffe, Autos, Tischtennisschläger etc.) selbst herzustellen oder auch schon einmal einen zerstörten Stuhl reparieren.

In einem anderen Raum im Erdgeschoss ist die Musikwerkstatt untergebracht, wo unter
Anleitung mit Trommeln und Orff-Instrumenten rhythmisch gearbeitet wird. Zudem gibt es Keyboardunterricht (mit Kopfhörern) für Einzelne und kleine Gruppen.
Besonders beliebt ist dieser Raum als Rückzugsmöglichkeit zum Tanzen und Musikhören.
Immer wieder werden für ein bis zwei Stunden die neuesten Romahits aus Rumänien gespielt und groß und klein widmet sich der Lieblingsbeschäftigung: dem Tanzen.

Zwei bis drei Nachmittage pro Woche kann unter Aufsicht der Billardraum genutzt werden.

Sehr beliebt ist der Computerraum. Hier stehen den Kindern sechs Rechner zur Verfügung, die neben Schreib- und Malprogrammen mit einigen Spielen, aber insbesondere mit Lernsoftware ausgestattet sind. Glücklicherweise konnten wir eine rumänische Pädagogin mit Multi-Media Zusatzausbildung (auf ABM-Basis) finden, die diesen Raum seit September 2002 entsprechend aufgebaut hat. Fünf der sechs Computer sind Spenden. Neben dem offenen Angebot zum Spielen und Lernen nachmittags wird der Computerraum auch am Vormittag für die Schulgruppen genutzt. So ist es unser Ziel, dass alle Kinder die wichtigsten Grundbegriffe beherrschen, um so den Computer als sinnvolles Lernmittel nutzen zu können. Die Kinder und Jugendlichen der Mittel- und Hauptstufe arbeiten dazu ein Programm durch, das sich „PC-Führerschein“ nennt. Auch zur Einzelförderung und Alphabetisierung leisten einige der Lernprogramme große Dienste.

Täglich nach dem Mittagessen wird der Bewegungsraum  intensiv genutzt. Besonders beliebt war im letzten halben Jahr neben dem Trampolinspringen das Tischtennisspielen. Täglich war und ist die Tischtennisplatte hart umkämpft und einige der größeren Jungs haben durchaus sehr Leistungsfortschritte gemacht. Kurz vor Weihnachten wurde dieser Entwicklung mit einem ganztägigen Tischtennisturnier für Kinder von 7 bis 15 Jahren Rechnung getragen.
Seit Anfang 2004 besuchen jetzt ca. acht Jungen von 10-13 Jahren einmal wöchentlich mit unserem Hauptschullehrer ein Tischtennistraining der TG Bornheim, das in Kooperation mit der Friedrich-Stoltze-Schule angeboten wird.
So sind „zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen“: die am Training beteiligten Jungs bekommen die Möglichkeit zusammen mit anderen Kindern leistungsorientiert Sport zu treiben und innerhalb von Schaworalle wird auch den kleineren Kindern und den Mädchen mehr Gelegenheit gegeben, Tischtennisspielen zu lernen.

Zu besonderen Anlässen wurde in Schaworalle immer mal wieder Theater gespielt. Seit Frühjahr 2003 gibt es nun unter Leitung unseres muttersprachlichen Theaterprofis einmal wöchentlich am Mittwoch einen Workshop, der sich hauptsächlich an Kinder im Grundschulalter richtet. So lernen die Kinder u.a. kleine Szenen oder auch Gedichte in der Muttersprache vorzutragen, beschäftigten sich mit verschiedenen Tänzen und Liedern in Romanes und zu Weihnachten wurde Schneewittchen als ein wunderschönes kleines Theaterstück mit Chor und Tanz in Romanes inszeniert, bei dem über zwanzig Kinder mitwirken konnten. Auch an der üppigen Bühnengestaltung hatten die Kinder zwei Wochen lang intensiv mitgearbeitet.

Wiedereingeführt haben wir in 2003 die Vollversammlung für alle Kinder und Mitarbeiter von Schaworalle die „Bari Worba“ (Rom.:“das große Wort“), die nun einmal monatlich stattfindet.
Hier werden alle anstehenden Themen, wie Pläne für die nächste Zeit, Erfolge und Konflikte, Regeln und Sanktionen und nicht zuletzt auch Wünsche und Ideen besprochen.
Ab Januar 2004 werden in der „Bari Worba“ aus jeder Schulgruppe ein oder zwei Schüler den „besten Schülern des Monats“ ernannt. Diese kleine Gruppe macht dann zusammen mit einem Betreuer einen besonderen Ausflug z.B. in die Eissporthalle. Natürlich gibt es auch einen „Schüler des Monats“ unter den Kindern, die die Regelschule besuchen.
Die „Bari Worba“ knüpft an die Tradition der „cris“ ,der romainternen Gerichtsverhandlung, an. Sanktionen, die in einer „cris“ vom „crisatori“ (Richter) ausgesprochen werden, werden von den Mitgliedern der Gemeinde sehr ernst genommen und eingehalten. Da wir einerseits auf dieses, den Kindern vertraute Instrumentarium zurückgreifen, andererseits aber die Versammlung nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Sanktionierung durchführen wollten, einigten wir uns auf den Titel „Bari worba“. Die Versammlung wird von den Kindern sehr ernst genommen.
Jeden letzten Freitag im Monat wird in Schaworalle Geburtstag gefeiert. Alle Kinder, die in diesem Monat Geburtstag hatten, bekommen ein kleines Geschenk, es gibt Torte und danach werden von klein und groß zu den aktuellsten Hits die zwei Lieblingsspiele „Luftballontreten“ und die „Reise nach Jerusalem“ gespielt.


Ausflüge und Ferien

Während der Schulzeit finden in Schaworalle immer wieder kleine Ausflüge ins Schwimmbad, zum Fahrradfahren an den Main, ins Museum, zu Ausstellungen, zum Schlittenfahren in Taunus etc. statt.
Ein Höhepunkt war im Dezember der Besuch des Zirkus „Flic-Flac, für den wir, wie viele andere Einrichtungen Freikarten über das Kinderbüro bekommen hatten, so dass wir mit einer sehr großen Gruppe ( ca.80 Personen) die Vorstellung besuchen konnten.
Mehr Zeit für besondere Aktivitäten ist natürlich in den Ferien. Dann gibt es auch in „Schaworalle“ keinen Unterricht und wir organisieren für die Kinder und mit ihnen zusammen ein ganztägiges Ferienprogramm. Neben Spielaktionen und -projekten im Haus gibt es Ausflüge mit der ganzen Gruppe ins Schwimmbad, in die Lochmühle, in den Zoo, zum Grillen in den Park, zu den Mainspielen etc.


Die Ferienfreizeit

Jedes Jahr in den Sommerferien fährt „Schaworalle“ eine Woche „in Urlaub“, ein Höhepunkt im Jahr, nach dem viele Kinder immer wieder fragen.
Während in den Jahren zuvor immer Selbstversorgerhäuser ausgewählt wurden, in denen wir mit höchstens einer anderen Gruppe zusammen im Haus waren, entschieden wir uns in 2003 für eine Jugendherberge mit Vollpension direkt am Edersee.
Der Ort war für diesen heißen Sommer perfekt gewählt. Fast alle Aktivitäten konnten zu Fuß erreicht werden, insbesondere natürlich das Strandbad, das wir täglich mindestens für einen halben Tag besuchten, aber auch die Burg Waldeck (per Seilbahn), oder auch die Staumauer und der Wildpark, wohin man mit dem Schiff fahren kann. Einzige Ausnahme bildete ein Ausflug zur Sommerrodelbahn, wo unser Kleinbus zum Einsatz kam.
Der Aufenthalt in diesem großen, mit vielen Gruppen vollbelegten Haus verlief relativ reibungslos. Die Kinder hatten sich schnell an die recht strengen Regeln einer Jugendherberge mit festen Essens- und Schlafenszeiten, Büffet zum Frühstück und Abendessen im Speisesaal etc. gewöhnt und die Herbergseltern waren sehr nett und drückten schon mal ein Auge zu, wenn nicht alles ganz nach Plan verlief. Der Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen war abgesehen von einigen Konflikten gut und problemlos. Zu einer Gruppe aus einem Sozialen Brennpunkt in Kassel wurde, insbesondere nach der Kinderdisco am Mittwochabend, eine recht intensive Freundschaft aufgebaut.
Schon jetzt steht fest: Wenn alles gut geht, fahren wir in 2004 wieder an den Edersee!


Mädchen / Mädchenarbeit

Der Mädchenanteil bei „Schaworalle“ beträgt ca. 50 %.
Im Kindergarten- und Grundschulbereich sind die Jungen oft in der Überzahl, im Bereich der älteren schulpflichtigen Kinder betreuen wir auffällig viele Mädchen. Dies hat mehrere Gründe: So gilt bei vielen Romafamilien Schule und Bildung für Mädchen als weniger wichtig als für Jungen und ist in der Regel nur bis zum zwölften oder dreizehnten Lebensjahr überhaupt möglich. Der gemischtgeschlechtliche Zusammenhang z.B. einer Regelschule wird als Gefahr für die Tochter gesehen, insbesondere dann, wenn keine Aufsichtsperson aus dem eigenen Kulturkreis anwesend ist. „Schaworalle“ gewährleistet diese Aufsicht durch Geschwister und Betreuer, die Roma sind.
Da die Perspektiven der Mädchen angesichts von Tradition, Lebenssituation und Chancen auf ein eigenständiges Leben, z.B. in Form von Berufstätigkeit, sehr gering sind, ist Kindern und Eltern die Zweckhaftigkeit von Lernen über die Grundkenntnisse hinaus oft schwer vermittelbar.
Dennoch ist in allen Gruppen auffällig, dass die Mädchen oft diejenigen sind, die schneller Lernerfolge erzielen, sowohl im kognitivem als auch im psychosozialen Bereich.
Im Gegensatz zur früheren Arbeit wird in den Räumen der Kindertagesstätte koedukativ gearbeitet, d.h. die Gruppen und Angebote sind nicht mehr nach Geschlecht sondern nach Alter bzw. Neigung getrennt. Eine Ausnahme bilden die Tanzgruppen und auch die Ausflüge ins Schwimmbad, die von den Mädchen sehr geliebt werden.


Die Mutter-Kind-Gruppe / Mama lernt Deutsch

Montag vormittags trifft sich in Schaworalle eine weitere Gruppe: die Mutter-Kind-Gruppe. Das Angebot, konzipiert in Zusammenarbeit mit der Jugendgerichtshilfe und der Bewährungshilfe, richtet sich speziell an junge Romafrauen mit Säuglingen und Kleinkindern, die gemeinnützige Arbeit abzuleisten haben. Im Durchschnitt nehmen 8-10 Frauen mit jeweils einem bis drei Kindern regelmäßig das Angebot wahr. Mit der Maßnahme sollen die jungen Mütter, die zwischen 17 und 25 Jahre alt sind, an die Einrichtung herangeführt werden, aber auch die Möglichkeit haben, sich bezüglich Kindererziehung, Gesundheitsvorsorge, sozialer Probleme etc. auszutauschen. Seit Mai 2002 gibt es für diese Gruppe auch ein Bildungsangebot: „Mama lernt Deutsch“. „Mama lernt Deutsch“ ist ein Kooperationsprojekt des Amtes für Multikulturelle Angelegenheiten und der Volkshochschule. Ziel ist die Alphabetisierung und das Erlernen der deutschen Sprache bei ausländischen Müttern. Dabei wird für die Kinderbetreuung gesorgt. So sind in „Schaworalle“ seit Mai 2002 zwei der jungen Frauen, die schon lange die Mutter-Kind-Gruppe besuchen, zusammen mit einer Erzieherin von uns für die Betreuung der Kleinkinder zuständig, während die übrigen Mütter bei einer Lehrerin der VHS den Unterricht besuchen. Für die Kinderbetreuung wird eine kleine Aufwandsentschädigung gezahlt. Die Kosten für den Kurs übernimmt der Förderverein.

Das Angebot hat sich bewährt. Zwar ist der Schulraum für die Gruppe recht klein und aufgrund der vielen Säuglinge geht es auch manchmal recht turbulent zu, dennoch lernen die meisten Frauen eigentlich gerne und motiviert. Leider sind es auch hier oft die existentiellen Sorgen, die die Regelmäßigkeit beeinträchtigen.


Elternarbeit / Beratung und Betreuung der Familien

Ein Schwerpunkt der Arbeit des Fördervereins Roma betrifft die Arbeit mit den Familien, bislang insbesondere die Beratung und Betreuung in Sachen Existenzsicherung und Aufenthalt. Diese Arbeit wird in der Geschäfts- und Beratungsstelle des Vereins geleistet. Die Koppelung der beiden Schwerpunkte Kindertagesstätte und Beratungsstelle hat sich bewährt. Da die Eltern auch ihre Probleme bzw. die der ganzen Familie in „Schaworalle“ vertreten sehen, fällt der Zugang und die Identifikation mit der pädagogischen Arbeit leichter. Oft sitzen Mütter und Väter für einige Zeit am Tisch vor der Küche, trinken einen Kaffee, interessieren sich für das, was ihre Kinder tun und sind ansprechbar für deren Probleme und Entwicklungen.
Zu fast allen Eltern bestehen so mehr oder weniger enge Beziehungen.
Diese Nähe zur Familie hat natürlich auch ihre Schattenseiten. Es muss gut darauf geachtet werden, dass der pädagogische Alltag durch die Anwesenheit zu vieler Eltern nicht gestört wird und Konflikte von Kindern auch Konflikte von Kindern bleiben, die durch das Personal geregelt werden und nicht durch die anwesenden Eltern.
Natürlich sind die Familien auch bei allen wichtigen Anlässen oder Festen in „Schaworalle“ anwesend.
Leider ist die konkrete Arbeit an Existenzsicherung und Aufenthalt nicht immer so erfolgreich wie die Arbeit mit den Kindern und Eltern. Die Erfolge liegen hier oft nur im Detail, ein Krankenschein hier, eine verlängerte Duldung da, Sozialhilfe für ein in Deutschland geborenes Kind etc.
Es gelingt oft nicht, die desolate soziale und ausländerrechtliche Situation der Familien dahingehend zu verändern, dass die Basis der Kinder für einen einigermaßen gesicherten Ausbildungsweg gegeben ist. Im Gegenteil ist es aktuell eher der Fall, dass Familien mit Kindern, die schon sehr lange in Deutschland sind, sehr massiv und konkret von Abschiebung bedroht sind.


Besonderes in 2003

Im Rahmen eines Kinderfestes wurde im Juni 2003 von Jutta Ebeling, der Schuldezernentin der Stadt Frankfurt, offiziell der Spielplatz von Schaworalle eingeweiht. Die Gestaltung des Außengeländes hatte sich bis in den Winter des Vorjahres hingezogen. Die Spielplatzeröffnung war der erste Besuch der Schuldezernentin und ihres Referenten in den Räumlichkeiten in der Stoltzestraße.
Leider hatte die Eröffnung unseres Spielplatzes nicht alle gefreut. In der ersten Zeit, als die Kinder anfingen, draußen zu spielen, gab es einige Beschwerden aus der Nachbarschaft. Da sich das Außengelände von Schaworalle im Hinterhof eines Wohngebietes befindet, ist es leider unvermeidlich, dass sich einige Nachbarn durch den Kinderlärm gestört fühlen. Das Team von Schaworalle einigte sich auf ruhebringende Maßnahmen, z.B. die Abschaffung der Bobbycars für die Kindergartengruppe und die Vermeidung von Musik während der Mittagszeit. Zudem luden wir die Nachbarn zu einer Anwohnerversammlung bzgl. des Themas in die Räume von Schaworalle ein. Es kamen zwar nur wenige Nachbarn, dennoch haben sich die Beschwerden in der darauffolgenden Zeit sehr reduziert. Zudem gab es auch einige Resonanz von Nachbarn, für die die Geräusche von spielenden Kindern durchaus keine Belästigung bedeuten.
Im Sommer 2003 war die Mädchentanzgruppe von Schaworalle zum Sommerfest der Hundertwasser-KT in Eckenheim eingeladen. Die Tochter unserer Romamitarbeiterin aus dem Kindergarten hatte dort als Honorarkraft gearbeitet und erwähnt, dass sie in „Schaworalle“ einige Zeit eine Tanzgruppe geleitet hat. Auch wenn nur wenige Mädchen aus der eigentlichen Tanzgruppe an diesem Nachmittag dabei waren, hat es doch allen viel Spaß gemacht.
Ein großes Fest gab es wie immer zu Weihnachten, diesmal jedoch „unter Ausschluß der Öffentlichkeit“. In den Jahren vorher waren u.a. Petra Roth, die Frankfurter Oberbürgermeisterin und der Dezernent für Integration, Herr Dr. Magen zu Gast gewesen.
In 2003 feierten nur Eltern, Kinder und die Belegschaft von Schaworalle. Die Schulkinderkinder führten das Märchen „Schneewittchen“ in Romanes („Parni“) auf und die Kindergartengruppe sang unter Leitung des Dirigenten des Philharmonischen Vereins der Roma und Sinti Weihnachtslieder. Die Eltern waren sichtlich beeindruckt von den Leistungen ihrer Kinder. Der Höhepunkt waren natürlich der Weihnachtsmann und die Bescherung.
Wie jedes Jahr war „Schaworalle“ an der Weihnachtsaktion des Frankfurter Kinderbüros beteiligt (diesmal mit einhundert Wünschen) und die Kinder waren schon seit Wochen aufgeregt, ob ihr Wunsch sich auch erfüllen würde.


Öffentlichkeitsarbeit

Die Kindertagesstätte „Schaworalle ist ein bundesweit einmaliges Projekt. Die „Sichtbarkeit“ der Arbeit im Gegensatz zu früher, die Tatsache, dass hier Romakinder wirklich all das tun, was andere Kinder auch tun, und sich dabei außerordentlich wohl fühlen, hat dazu geführt, dass der Besuch von Journalisten, aber auch von interessierten Gruppen und Einzelpersonen seit der Eröffnung im Oktober 1999 nicht abgerissen hat. So gibt es häufig Termine mit Lehrern, Schulleitern, Sozialpädagogen, die mit Romakindern und –familien arbeiten, Studenten(gruppen), Schulklassen, Arbeitskreisen, Vertretungen von Ämtern und Institutionen, Fortbildungsgruppen etc., die sich vor Ort über die Arbeit und insbesondere über die Hintergründe des Lebens der rumänischen Romafamilien in Frankfurt informieren möchten.
Auch der stadtinterne Arbeitskreis „Roma“ der seitens des Jugendamtes initiiert wurde, findet in den Räumlichkeiten der Kita statt.
Bei allem Trubel, den dies manchmal mit sich bringt, und der Gratwanderung, die Besuche nicht zu viel werden zu lassen, hat sich doch gezeigt, dass die direkte Auseinandersetzung mit der Arbeit, den Kindern und Familien oft schneller zu mehr Verständnis führt als die rein theoretische Diskussion.
Häufig werden die Mitarbeiter des Fördervereins auch hinzugezogen zu Schulkonferenzen, Stadtteilarbeitskreisen, Fortbildungen etc., um über die Arbeit von Schaworalle und die Lebenssituation der Roma zu bereichten.
Im Dezember waren bspw. Verteter im Institut für Sonder-und Heipädagogik an der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität um im Rahmen des Seminares „Soziale Benachteiligung, Analpabetismus und Medienkompetenz“ über die Arbeit von Schaworalle und insbesondere die Erfahrungen im Bereich computerunterstütztes Lernen zu berichten.


Veröffentlichungen

In 2003 gab es wieder einige überregionale Veröffentlichungen zu „Schaworalle“:

In der bundesweit erscheinenden Zeitschrift des DPWV „Nachrichten parität“ erschien im April 2003 ein zweiseitiger Artikel über Schaworalle unter dem Titel: „Thema des Monats: Lernen mit der Abschiebung vor Augen“ sowie ein Artikel über den Förderverein Roma mit der Überschrift: „Spektrum: Immer noch viele Vorurteile gegen Roma“.
Für die Freiburger Zeitschrift „Interkulturell“ wurde im Herbst 2003 ein mehrseitiger Artikel über die Arbeit von Schaworalle und die Arbeit der Beratungsstelle verfasst, der bislang leider noch nicht erschienen ist.
Für einen französischen Wettbewerb „Sozialer Journalismus“ verfasste Frau Mael le Guennec einen sehr schönen Artikel über Schaworalle „a l´ecole des roms“ der zwar leider den Preis nicht gewann, aber vielleicht in der einen oder anderen französischen Zeitschrift zur Veröffentlichung kommt.

Im Frühjahr 2003 hat zudem eine Zeitschrift der Caritas einen Artikel über Schaworalle veröffentlicht.

Im Juli war daraufhin das ZDF zu Gast, um für die Sendung „Kirche und Leben“, die sonntags vormittags ausgestrahlt wird, einen kurzen Beitrag zu drehen. Inhalt war das Kurzportrait von Eleonora Caldaras, der rumänischen jungen Romni, die in Schaworalle arbeitet. Das Portrait ist sehr positiv und stellt die Arbeit von Schaworalle und besonders die von Frau Caldaras auch entsprechend dar. Der kritische Blick auf das Leben der Kinder und die massiven Probleme der Familien insbesondere hinsichtlich der Lebensbedingungen und des Aufenthaltes blieb allerdings völlig. Leider war es der Redakteurin nicht gelungen, diesen so wichtigen Aspekt mit einzubringen.
Eine ähnliche Anfrage seitens einer Kirchenredaktion von RTL wurde dann unsererseits abgelehnt.
Für 2004 besteht die Aussicht, dass eine längere und insbesondere tiefgehendere Dokumentation für den SWR gedreht wird.


Arbeitskreise / Vernetzung

Neben der sehr guten und meist auf die konkrete Situation oder den Einzelfall bezogenen guten Vernetzung mit diversen städtischen Ämtern und Institutionen (Stadtschulamt, Sozialamt, Jugendamt, Staatliches Schulamt, AMKA etc.) gibt es zwei große Arbeitskreise, bei denen „Schaworalle“ vertreten ist. Da ist zunächst der oben schon erwähnte „Arbeitskreis Roma“, der seitens des Jugendamtes initiiert wurde und bei dem Vertreter diverser städtischer Ämter (insbesondere der Sozialrathäuser, der Jugendgerichtshilfe, der Bewährungshilfe etc.) und auch der Polizei wichtige Themen bezüglich der Situation der in Frankfurt lebenden rumänischen Romafamilien besprechen. Die Themen betreffen Ausländerrecht und Sozialhilfebezug, Straffälligkeit, Schulbesuch, aber auch Hintergründe zu Kultur und Lebensorganisation der Roma. Ziel ist die Ausbildung von Multiplikatoren, die in ihren jeweiligen Arbeitsbereich die Informationen weitertragen können.

Die gleiche Zielsetzung verfolgt die Fortbildung für Frankfurter Lehrer, die vom Amt für Multikulturelle Angelegenheiten initiiert wurde. Neben Hintergrundinformationen steht hier das Thema „Beschulung von Romakindern“ im Vordergrund, der Austausch über „best practices“, über den Umgang mit Unregelmäßigkeiten, die Elternarbeit etc. In 2002 wurde aus diesem Kreis heraus die Broschüre „Dawen Bachtale“ – Zu Fragen der schulischen Integration von Romakindern“ herausgegeben, die sehr viel Beachtung findet. „Awen Bachtale“ ist Romanes und heißt soviel wie „Herzlich Willkommen“.
Die Lehrerfortbildung wird von Vertreterinnen des AMKA, des Staatlichen Schulamtes und der Leitung von „Schaworalle“ vorbereitet und findet dreimal jährlich statt.
Eine Veranstaltung im Oktober 2003 fand dabei besondere Beachtung: eine Podiumsdiskussion, bei der fünf Roma aus verschiedenen Herkunftsländern ihre Lebensgeschichten vorstellten. Im Mittelpunkt stand die Frage nach ihren eigenen Schulerfahrungen und danach, wie sie zum Schulbesuch ihrer Kinder stehen.
Vorausgegangen waren Einzelgespräche mit den drei Frauen und zwei Männern, die schriftlich festgehalten wurden.
Die unterschiedlichen Biografien waren eine anschauliche Grundlage für intensive Gespräche mit den anwesenden Lehrern, denen damit ein neuer Blick auf ihre Fragen zum Thema „Roma und Schule“ eröffnet wurde.
Es wurde deutlich, dass in jeder Geschichte „Schule und Schulbesuch“ etwas war, das mit Ausgrenzung und Angst zu tun hat. So spiegeln die Geschichten ein Spektrum von Wegen, mit der Ausgrenzung umzugehen, Wegen, die von Lebensumständen, die Schulbesuch unmöglich machen, über Vermeiden durch Fernbleiben bis zur Anpassung durch besondere Leistungen reichen.
Alle sind sich dessen bewusst, dass sie als Roma „anders“ sind, dass sie es damit in der Mehrheitsgesellschaft schwer haben. Armut, Diskriminierung und insbesondere Flucht oder Migration lassen den Zugang zur Bildung oft unmöglich erscheinen. Dennoch wünschen sich alle, mit denen wir gesprochen haben, bessere Bildungschancen für ihre Kinder und bedauern es, wenn sie sie selbst nicht gehabt oder genutzt haben.

Dieses Spektrum von Lebensgeschichten zu erweitern und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen ist unserer Meinung nach ein interessanter und hilfreicher Weg zu einer besseren Verständigung zwischen Roma und Gadje und soll 2004 zu einer weiteren Veröffentlichung (Broschüre oder kleines Buch) führen.

Desweiteren gibt es einen internen Arbeitskreis, der sich speziell mit der konzeptionellen Entwicklung zum Thema Schule in „Schaworalle“ beschäftigt. Hier sind die zuständigen Vertreter des Stadtschulamtes, des Staatlichen Schulamtes, des AMKA, des Jugend- und Sozialamt, die Schulleiter der Kooperationsschulen sowie die Lehrer und die Leitung von Schaworalle zugegen.


 Jugendgericht / Jugendgerichtshilfe

Schaworalle arbeitet eng mit dem Jugendgericht, der Jugendgerichtshilfe und auch der Bewährungshilfe zusammen, nicht nur bzgl. der Mama-Kind-Gruppe. Vielen Kindern und Jugendlichen gelingt es nicht den Teufelskreis von Randständigkeit – Armut - Kriminalität zu durchbrechen und sie werden straffällig, manche mehr, manche weniger.

Da Zugang zu Bildung und die Anbindung an eine soziale Einrichtung, die sie in ihrer gesamten Lebenswelt annehmen kann, die einzige und manchmal auch letzte Chance ist, die viele diese Jugendlichen haben, werden Schulbesuch oder auch die Ableistungen von Stunden gemeinnütziger Arbeit in Schaworalle für manche Jungen und Mädchen ab 14 Jahren zur Auflage. Auf die Einhaltung der Auflagen wird genau geachtet.


Bundes- und Europaweite Vernetzung

Seit 2002 plant die Stadt Köln ein ähnliches Projekt wie „Schaworalle“ zu organisieren, insbesondere für Kinder und Jugendliche aus Romafamilien, die im Bereich Kriminalität auffallen. Träger sollte der Rom e.V. sein, ein Verein, mit dem wir schon sehr lange insbesondere im Bereich Menschenrechts- und Öffentlichkeitsarbeit kooperieren. Um sich die Arbeit vor Ort anzuschauen gab es in 2002 und 2003 einige Besuche aus NRW von Vertretern des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der Aktionsgemeinschaft „Junge Flüchtlinge“, des Kinderschutzbundes, des Landesjugendamtes, des Jugendamtes und natürlich des Rom e.V..
Die Diskussion um diese sogenannten „Klaukinder“ hat sich in 2003 intensiviert. So gibt es in Köln Stimmen die sich für harte Strafen und restriktive Maßnahmen wie die geschlossene Heimunterbringung einsetzen. Entsprechende Medienkampagnen begleiten diese Tendenz.
Im November fand zu diesem Thema ein workshop in Köln mit dem Titel „Klaukinder-eine Aufgabe für die Jugendhilfe“ statt, bei dem neben anderen Projekten die Einrichtungsleitung und ein Romamitarbeiter über die Arbeit von Schaworalle berichteten. Auch wenn sich alle beteiligten pädagogischen Fachkräfte einig sind darüber, dass eine solche Einrichtung auch für Köln der richtige Weg ist, sind Realisierung und insbesondere Trägerschaft und Finanzierung weiterhin in der Diskussion.

Anfang Juli waren die Einrichtungsleiterin von Schaworalle und eine Romamitarbeiterin beim „Weltkongress der Seelsorge der Zigeuner“ in Budapest eingeladen, um am „Rundtisch der Zigeuner, Lehrer und Studenten“ zum Thema „Zigeuner und Schule: auftretende Probleme und erzieherische Vorschläge“ teilzunehmen. Der Vorschlag „Schaworalle“ einzuladen, war von der Katholischen Zigeunerseelsorge in Köln vermittelt worden. Ursprünglich sollte ein jugendlicher Schüler mitreisen, was leider aus aufenthaltsrechtlichen Gründen nicht möglich war. Die Vorstellung unserer Arbeit (der einzige „weltliche“ Ansatz !) und insbesondere unsere junge rumänische Mitarbeiterin, die ihren ersten öffentlichen Auftritt dort hatte, fanden viel Beachtung. Es war leider auch hier zu beobachten, dass sich unter den Teilnehmern nur sehr wenig Roma befanden.


Arbeits- und Beschäftigungsprojekt für Jugendliche

Seit Sommer 2003 ist der Förderverein in Zusammenarbeit mit der Roma-Union Grenzland aus Aachen und der RAA Berlin sowie Projekten in Ungarn und Jugoslawien Träger eines Ausbildungs- und Beschäftigungsprojekt für Roma-Jugendliche, das über das EU-Programm EQUAL und das Sozialamt Frankfurt finanziert ist.
Ziel ist es 15 Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine weitere Schulausbildung mit dem Hauptschulabschluss als Ziel, eine berufliche Orientierung in Form von Praktika, und eine Weiterbildung in Form von Computerkursen und Kursen in Handelslehre anzubieten (detaillierte Projektbeschreibung über die Geschäftsstelle des Förderverein Roma erhältlich).
Die Jugendlichen erhalten Sozialhilfe plus ein kleines Entgelt für die geleistete Arbeit.

Die Perspektive, die dieses Projekt den Jugendlichen bietet, ist eine große Entlastung für Schaworalle. Lange Zeit gab es für diejenigen, die für den Unterricht in Schaworalle zu alt geworden waren, kein adäquates Angebot. In Ermangelung von Alternativen besuchten sie unsere Hauptschulgruppe weiter (bzw. mussten sie aufgrund von Auflagen weiterbesuchen).
Dies hat sich seit Sommer nun geändert. Viele der Jugendlichen über 16 Jahre, die vorher in Schaworalle waren, nehmen an diesem Projekt teil.


Last not least

Eine ganz große Sorge, die unsere pädagogische Arbeit immer wieder belastet und beeinträchtigt ist die ausländerrechtliche Situation vieler Familien, deren Kinder „Schaworalle“ besuchen. Mit der in 2001 getroffenen Vereinbarung zwischen Deutschland und Rumänien, die die Rücknahme aller rumänischen Staatsbürger betrifft, ist die schon lange unsichere Situation dem Gefühl realer Bedrohung gewichen. Immer wieder werden Leute abgeschoben, oft die Familienväter alleine, der Rest der Familie bleibt zurück und hofft, dass der Vater einen Weg findet zurückzukommen.
Andere reisen mit der ganzen Familie aus in die ungewisse Zukunft nach Rumänien oder ins europäische Ausland und kommen kurz darauf als „Touristen“ mit einem Visum für drei Monate zurück. Perspektive, Schule, Wohnung, Existenzsicherung, Krankenversicherung bleiben völlig ungesichert.
In den Familien, aber auch in Schaworalle, wird ständig darüber gesprochen. Die Familien fürchten ständig, das Land zu verlassen zu müssen, leben im Vier-Wochen-Rhythmus bis zur Verlängerung der nächsten Duldung, haben laufende Sorgen mit der Existenzsicherung, hetzen von einem Termin zum nächsten. Die Situation belastet die Kinder natürlich auch die Kinder erheblich.
Wir Mitarbeiter von Schaworalle können die Bedrohung der Familien durch die tägliche Zusammenarbeit sehr gut nachvollziehen..
Unsere pädagogische Arbeit erschiene uns fragwürdig, wenn wir uns nicht um die existentiellen Belange der Familien kümmern würden. Denn der Teufelskreis beginnt an jedem Ort wieder neu: Vorurteile - Leben auf und unter dem Existenzminimum- Erwerbslosigkeit – Armut – Bettelei – Kriminalität – Randständigkeit – Ausgrenzung – Perspektivlosigkeit.
Wir würden uns wünschen, dass die Stadt Frankfurt Verantwortung gegenüber den Kindern der „Schaworalle“ übernimmt. Die Stadt kann auf die Ausländerpolitik Einfluss nehmen, damit die rumänischen Romafamilien in Frankfurt bleiben können !


Frankfurt, den 12.02.2004

Sabine Ernst
(Leitung)


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